Gesunde Arbeit

An der Grenze angelangt

Die Prognosen sind eindeutig: In den nächsten Jahrzehnten wird der Bedarf an Pflege extrem steigen. Dabei sind die im Bereich der Pflege Beschäftigten schon jetzt an ihrer Belastungsgrenze angelangt. Es muss sich schnell etwas ändern.
Josef Zellhofer: „Die Ausfälle durch beruflich bedingte Krankheiten und Burn-out steigen.“
Josef Zellhofer, Vorsitzender der ÖGB/ARGE-Fachgruppenvereinigung für Gesundheits- und Sozialberufe Josef Zellhofer: „Die Ausfälle durch beruflich bedingte Krankheiten und Burn-out steigen.“

Am Morgen zur Arbeit zu kommen und genau zu wissen, das vorgegebene Arbeitspensum niemals schaffen zu können, ist wahrlich nicht sehr ermutigend. Genauso wenig wie als Pflegeassistentin für 80 Menschen im Nachtdienst allein die Verantwortung zu tragen. Dass eine diplomierte Kollegin in 20 Kilometer Entfernung Bereitschaft hat, ist da kaum beruhigend. Zwei Beispiele aus dem täglichen Leben der mehr als 80.000 PflegerInnen in Österreich.

Die KollegInnen in den Einrichtungen versuchen, jeden Tag die fehlenden Ressourcen mit Höchstleistungen auszugleichen, aber jetzt ist der Punkt erreicht, wo es einfach nicht mehr geht. Sie sind an der Belastungsgrenze angekommen, die Ausfälle durch beruflich bedingte Krankheiten und Burn-out steigen. Um diesen Entwicklungen entgegenzuwirken, braucht es neben einer einheitlichen Personalbedarfsberechnung auch einheitliche qualitative Standards in den Pflege- und Betreuungseinrichtungen.

Dabei müssen wir bei der Personalbedarfsberechnung endlich weg von der Industrialisierung kommen und wieder bemerken, dass es sich um Menschen handelt! Es darf nicht sein, dass wir Pflege und Betreuung nur mehr in Tätigkeiten messen, für die wiederum eine bestimmte Minutenanzahl zur Verfügung steht. An einem Tag braucht ein Klient zehn Minuten zum Essen, am nächsten vielleicht eine halbe Stunde, je nach Verfassung.

Ein anderes Problem ist die Bezahlung. 80 Prozent der Beschäftigten sind weiblich, und ihre Lage ist ein typisches Beispiel für nach wie vor nicht vorhandene Gleichstellung. Wäre der Beruf männlich dominiert, müsste keine wertschätzende Bezahlung eingefordert werden. Anders ausgedrückt: Die Arbeit an Menschen darf nicht weniger wert sein als jene an Maschinen.

Eines ist heute bereits klar: Der Bedarf an bestens ausgebildetem Personal wird in Zukunft steigen. Nur wenn es gelingt, diesen Bedarf zu decken, das Personal generell aufzustocken und die Menschen in den Mittelpunkt zu stellen, kann die Qualität der Pflege gesichert werden. Mit der neu geregelten Ausbildung ist ein erster Mosaikstein gelegt. Jetzt geht es um die Umsetzung.

Autor: Josef Zellhofer, Vorsitzender der ÖGB/ARGE-Fachgruppenvereinigung für Gesundheits- und Sozialberufe

Die ÖGB/ARGE-Fachgruppenvereinigung für Gesundheits- und Sozialberufe ist ein Zusammenschluss der Gewerkschaften vida, younion, Gewerkschaft öffentlicher Dienst (GÖD) und der Gewerkschaft der Privatangestellten, Druck, Journalismus, Papier (GPA-djp). Damit sollen die Anliegen der Beschäftigten in diesen Bereichen erfolgreich vertreten werden.
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