Gesunde Arbeit

6. Enquete Arbeitsfähigkeit

Best Practice in Österreich – Zukunftsstrategien aus der EU

Vor sechs Jahren auf Initiative des ÖPWZ gegründet, ist das WAI-Netzwerk Austria mittlerweile für viele heimische Betriebe eine wichtige Plattform für den Dialog rund um das Thema Erhalt und Förderung der Arbeitsfähigkeit. Bei der 6. Enquete Arbeitsfähigkeit in der OeNB wurden Best Practice-Beispiele aus unterschiedlichen Unternehmen, Branchen und Bundesländern präsentiert. Zum Auftakt und zum Abschluss der Veranstaltung gab es einen Blick über den Tellerrand in die Europäische Union und zum großen Wirtschaftsnachbarn Deutschland.

Mag. Thomas Reindl von der Österreichischen Nationalbank und ÖPWZ-Geschäftsführerin Mag.a Barbara Halapier begrüßten über 150 ZuhörerInnen im großen „Kassensaal“ der Nationalbank.

„Heute wissen wir, dass das Führungsverhalten den größten Einfluss auf die Arbeitsfähigkeit hat. Gefolgt von Maßnahmen der Arbeitsgestaltung und der Arbeitsorganisation bis hin zur individuellen Gesundheitsförderung. Führungskräfte können vor allem durch ein authentisches Verhalten und sinnstiftende Führungsarbeit einen positiven Einfluss auf die Zufriedenheit und die Gesundheit ihrer MitarbeiterInnen nehmen“ so Barbara Halapier.

Karin Bauer, Leiterin KarrierenStandard, moderierte das Programm. Mit ihr am
Podium:

ExpertInnen und BeraterInnen:
Mag.a Martina Häckel-Bucher (EU-OSHA und BMASK) und Dr.in Alexandra Werba (BMASK), sowie Dr. Rainer Thiehoff (ddn – Das Demographie Netzwerk)
Mag.a Renate Czeskleba, Dr.in Irene Kloimüller und Mag.a Anna Kecklik (fit2work), sowie Mag.a Maria Ebner und Mag. Kurt Nöhmayer (ABC-Projekt/MENTOR-ÖPWZ)

VertreterInnen aus Unternehmen:
Stephan Jantscher (KWB – Kraft und Wärme aus Biomasse), Dr.in Brigitte Meglitsch-Radovčić (Hirsch Armbänder), Dipl.-Ing Dr. Christoph Stangl (Ecotherm Austria) und D.I. Christoph Hirschbüchler, Gerda Clementi und Mag. Eva Hipfinger (Josef Manner)

Martina Häckel-Bucher: Arbeitsfähigkeit fördern heißt Wettbewerbsfähigkeit steigern

Ein Blick auf die aktuellen Zahlen zeigt: Demographische Vorhersagen lassen wenig Spielraum für positive Entwicklungen am Arbeitsmarkt. Derzeit gehen europaweit jährlich 370 Millionen Arbeitstage durch Krankenstände verloren – ein wirtschaftlicher Schaden von mehr als 490 Milliarden Euro. Tendenz steigend. Die Bilbao-Agentur (Europäische Agentur für Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz) setzt daher auf gesamteuropäische Kampagnen zur Sensibilisierung von Unternehmen. „Psychosoziale Risiken und praktische Lösungen“ ist das Motto der Kampagne 2014/2015. Die Auftaktveranstaltung in Österreich findet im Sommer 2014 in Wien statt und wirbt mit dem Slogan „Gesunde Arbeitsplätze – den Stress managen“ um interessierte Firmen.

Renate Czeskleba, Irene Kloimüller: fit2work als kontinuierliches Managementsystem
70 Unternehmensstandorte in ganz Österreich setzen bereits die zweite Stufe von „fit2work“ um, weitere 50 Unternehmen durchlaufen gerade die „check4start“-Phase der AUVA – eine Erfolgsbilanz. Und trotzdem erst der Anfang eines langen Weges. Noch immer gehen 59 % aller österreichischen ArbeitnehmerInnen in vorzeitige Alterspension (Männer mit Ø 61,7 Jahren, Frauen mit Ø 57,3 Jahren) – nur 14 % der 60 – 64jährigen arbeiten hierzulande. Das kostenlose und freiwillige Beratungsangebot von „fit2work“ begleitet Firmen dabei, MitarbeiterInnen, die ohne Unterstützung aus dem Arbeits-prozess fallen würden, durch gesundheitsfördernde Arbeitsweltmaßnahmen wieder zu integrieren und zu wertvollen Ressourcen für das Unternehmen zu machen.


Best Practice „Manner“: Prävention gezielt und nachhaltig im System verankern
Seit 115 Jahren gibt es die „Manner mag man eben“-Mannerschnitte. Seit einem Jahr begleitet eine „fit2work“-Beraterin Führungskräfte und MitarbeiterInnen am Standort Wolkersdorf im Weinviertel – wo keine Mannerschnitten, dafür aber Rumkugeln und Ildefonsowürfel produziert werden. Die erste Evaluation belegt noch keinen deutlichen Rückgang an Krankenstandstagen – die Stimmung im Team, so Werksleiter Christoph Hirschbüchler, sei aber besser denn je. Das langfristige Ziel, neben einer erhofften Produktivitätssteigerung: Gesundheitsprävention im System und in der Unternehmenskultur zu verankern und gleichzeitig die Selbstverantwortung der MitarbeiterInnen zu steigern.

Best Practice „Ecotherm“: Gut, wenn heiße Eisen auf den Tisch kommen!
„ABC – Arbeitsbewältigungscoaching“ nennt sich ein von Mentor und dem ÖPWZ entwickeltes Beratungskonzept, das derzeit von der oberösterreichischen Landesregierung gefördert wird. Unterstützt werden KMUs mit maximal 249 Beschäftigten, die in OÖ vor allem mit Fachkräftemangel zu kämpfen haben. Als Best Practice-Beispiel gilt die Firma Ecotherm: 80 % aller MitarbeiterInnen absolvierten das anonyme Coachinggespräch, über 300 Verbesserungsvorschläge wurden dem Management vorgelegt. Dabei kamen auch „heiße Eisen“ auf den Tisch, die konsequent angegangen werden. Fazit nach dem ersten Jahr: Optimierung des Informationsaustausches zwischen Führungsebene und MitarbeiterInnen, Umsetzung vieler Vorschläge innerhalb von 8 Wochen und ein klarer Zeitplan für die Umsetzung weiterer Projekte (Gleitzeit, Parkplatzregelung, Bewegt zur Arbeit).

Best Practice „KWB“: Ökonomie, Ökologie und Soziales müssen in Balance sein
Ob eine Unternehmenskultur hält, was sie verspricht, zeigt sich erst in Krisenzeiten. Mit 55 % Umsatzeinbußen hatte KWB (Kraft und Wärme aus Biomasse) 2006 zu kämpfen. Dem Gemeinwohl verschrieben, fand das Management damals gemeinsam mit allen MitarbeiterInnen einen Weg durch die Krise – ohne große Kündigungswelle, dafür mit umso größerem Engagement auf allen Seiten. Mittlerweile ist das Unternehmen wieder auf Expansionskurs und benennt als wichtigstes Führungs-tool das Vertrauen ins Team. Befragungen der MitarbeiterInnen sind ebenso an der Tagesordnung wie Gespräche über deren berufliche Zukunft. Die Investition ins Beziehungsmanagement lohnt sich: 60 % der KWB-Pensionistinnen bringen auch im Ruhestand ihr fachliches Know-how und ihre jahrelange Erfahrung in die Firma ein.

Best Practice „Hirsch“: Know-how muss als immaterielle Ressource erhalten bleiben
Handlungsbedarf bei jeder/jedem vierten Befragten – diese Erkenntnis aus der ersten Phase des „fit2work“-Prozesses führte beim weltweiten Branchenführer Hirsch Armbändern 2012 zur Erarbeitung eines kurz- und langfristigen Maßnahmenkatalogs. Zwei Vertrauenscoaches wurden installiert, ein erster „Gesundheitstag“ abgehalten und Arbeitsplätze in der Produktion evaluiert. Für noch mehr Zufriedenheit unter den MitarbeiterInnen sollen in Zukunft die neue Pausenregelung und das Pilotprojekt „Musik hören in der Produktion“ sorgen
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Rainer Tiehoff: Wissen wird zum relevanten Produktionsfaktor
Was Menschen wirklich glücklich macht, weiß die Glücksforschung: gelingende soziale Kontakte. Partnerschaftliche Unternehmenskultur wird damit zu einem berechenbaren Erfolgsfaktor. Das kompensiert allerdings noch nicht den Produktionsrückgang durch geburtenschwache Jahrgänge. Dafür müssen auch Gesundheitsförderung, Qualifizierung und lebenslanges Lernen einen zentralen Stellenwert in der Unternehmenskultur einnehmen. „Alternsmanagement“, so Rainer Tiehoff, sei in Zukunft Pflicht für alle Unternehmen – das positive Besetzen des Begriffs „Alter“ die Kür. Wie das gelingen kann? Durch altersgemischte Teams, kollegiale Begleitung und branchenübergreifenden Wissenstransfer, kurz: durch „Ermöglichungsmanagement“. Die derzeit 18 regionalen ddn-Netzwerke in Deutschland liefern den Beweis: „Vertrauens-Fehler-Lern-Innovations-Gesundheits-Kulturen“ in Unternehmen verändern auch die Wertschöpfungsprozesse selbst.

Gütesiegel NestorGold - initiiert von BMASK und BMWFJ
2014 wird das Gütesiegel für alter(n)sgerechte Organisationen und Unternehmen „NestorGold“ erneut verliehen. Es soll das Bewusstsein für den besonderen Wert älterer MitarbeiterInnen stärken und die Umsetzung konkreter Maßnahmen für MitarbeiterInnen aller Generationen und in allen Lebensphasen fördern. Einmal mehr sind heimische Unternehmen und Organisationen aufgerufen, die NestorGold-Charta zu unterzeichnen, den kostenlosen „Selbstbild-Test“ durchzuführen und den maximal einjährigen Zertifizierungsprozess bis zur Gütesiegelverleihung zu durchlaufen.

Fotos der 6. Enquete Arbeitsfähigkeit auf der Website des WAI Netzwerk Austria

Präsentationen
Die Europäische Sicht: Arbeitsfähigkeit fördern - Wettbewerbsfähigkeit steigern
Mag.a Martina Häckel-Bucher

Erfolge und Herausforderungen von fit2work in Unternehmen
Dr.in Irene Kloimüller, Mag.a Renate Czeskleba

Arbeitsbewältigungscoaching OÖ - Konzepte, Ergebnisse und Erfahrungen

Mag.a Maria Ebner, Mag. Kurt Nöhmayer, Dipl.-Ing. Dr. Christoph Stangl

Gelebte Unternehmenskultur und gesunde Mitarbeitende - ein Zusammenhang?

Stephan Jantscher

Die gelebte Praxis bei Hirsch Armbänder GmbH
Dr.in Brigitte Meglitsch-Radovic

Demografischer Wandel und innovative Bewältigungsstrategien in Unternehmen
Dr. Rainer Thiehoff

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