Gesunde Arbeit

„Als Betriebsrat hast du immer eine Verantwortung“

Schichtarbeit ist in einer Zellstoff- und Papierfabrik mit 365 Produktionstagen pro Jahr notwendig. Den idealen Schichtplan gibt es nicht, aber Anpassungen und Optimierungen können zu einer Verbesserung beitragen. Wolfgang Knes, Vorsitzender des Weltbetriebsrates bei Mondi Frantschach, Kärnten, im Interview.
Wolfgang Knes: „Als Betriebsrat ist wichtig, die Belegschaft zu informieren, zu sensibilisieren und aufzuklären.“
Wolfgang Knes, Vorsitzender des Weltbetriebsrates bei Mondi Wolfgang Knes: „Als Betriebsrat ist wichtig, die Belegschaft zu informieren, zu sensibilisieren und aufzuklären.“

Was waren die Gründe für die Einführung eines alternsgerechten Schichtplans?
Knes: Schichtarbeit ist generell mit verschiedenen Symptomen verbunden, wie Herz-Kreislauf-Störungen, Beschwerden des Verdauungstrakts, Nervosität, Niedergeschlagenheit und Schlafstörungen. Schichtarbeit ist und bleibt belastend, aber die Belastungen können reduziert werden. Als Betriebsrat hast du immer eine Verantwortung deinen Leuten gegenüber, dass sie bis zum Regelpensionsalter arbeiten können und nicht gesundheitsbedingt früher ausscheiden müssen.

Was hat sich durch den neuen Schichtplan geändert?
Knes: Wir haben den Schichtzyklus verkürzt. Je kürzer die Schichtrhythmen sind, desto besser. Studien haben ergeben, dass ein Schichtwechsel ideal nach zwei bis drei Tagen ist. Vorher hatten wir zum Teil sieben Nachtschichten hintereinander. Da hast du nachher subjektiv das Gefühl, länger und besser zu schlafen. Du glaubst, du hast dich an die Nachtschicht gewöhnt, dabei ist der bessere Schlaf nur das Ergebnis der Erschöpfung. Trotz längerer Schlafdauer kann sich der Körper nicht mehr richtig erholen. Der 24-Stunden-Rhythmus, das innere Programm im Menschen lässt sich nicht umprogrammieren.

Wie hat die Belegschaft reagiert?
Knes: Menschen sind Gewohnheitstiere. Manche haben 30 Jahre im gleichen Schichtplan gearbeitet, die wollen sich vielleicht fünf Jahre vor der Pension nicht mehr umstellen. Da hast du dein Leben mit deiner Familie und deinen Freunden nach dem Schichtplan ausgerichtet und willst keine Veränderung mehr. Du musst als Betriebsrat alle ins Boot holen. Das ist ein steiniger Weg, aber es kann gelingen.

Wie seid ihr als Betriebsrat bei dieser Umstellung vorgegangen?
Knes: Als Betriebsrat ist wichtig, die Belegschaft zu informieren, zu sensibilisieren und aufzuklären, und das sachlich und seriös. Wir hatten eine lange Vorlaufzeit vor der Umstellung, mit Informationsveranstaltungen und Abteilungsversammlungen. Abschließend haben wir über den Probebetrieb mit dem neuen Schichtplan abgestimmt, der mit 75 Prozent angenommen wurde. Zehn Monate später haben wir wieder abgestimmt, ob der Probebetrieb in den Dauerbetrieb übergehen soll. Da haben dann über 83 Prozent dafür gestimmt.

Welche Auswirkungen hatte die Schichtplanumstellung langfristig?
Knes: Im neuen Schichtplan sind die Krankenstände um mehr als die Hälfte zurückgegangen. Wenn ich z. B. eine Verkühlung habe und ich habe nur zwei Nachtschichten vor mir, da denke ich mir, ich beiß mich durch. Bei sieben Nachtschichten hintereinander ist das nicht möglich. So war das eine Win-win-Situation für den Betrieb und für die Belegschaft.

Wir bedanken uns für das Gespräch. Das Interview führte Ingrid Reifinger, ÖGB.

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