Gesunde Arbeit

Türkis-grünes Regierungsprogramm: Kaum Neues und alte Hüte

Das Regierungsprogramm beinhaltet einige vage Ankündigungen und alte Hüte für den ArbeitnehmerInnenschutz. Gesunde Arbeit liefert die Erstanalyse.
Für ein ambitioniertes Regierungs­programm fehlen viele wichtige Inhalte.
Türkis-Grün Für ein ambitioniertes Regierungs­programm fehlen viele wichtige Inhalte.

Im Regierungsprogramm stechen vier Ankündigungen negativ ins Auge:

„Bürokratieabbau bei der Nachbesetzung von Planstellen“: In der Arbeitsinspektion wächst die Personallücke weiter. ILO-Mindestvorgaben werden ignoriert. Steht am Ende die Arbeitsinspektion ohne ArbeitsinspektorInnen da?

„Beraten vor strafen“: Bereits heute handelt die Arbeitsinspektion nach diesem Motto (Negativrekord 2018: nur 934 Strafanzeigen bei 94.906 Übertretungen). Aber: Die Arbeitsweltpolizei hat zu überwachen und Rechtsbrüche zu ahnden. Das ist ihre Kernkompetenz.

„Entbürokratisierung von Schutzvorschriften“: Mittlerweile ein alter Hut. In den letzten Jahren wurde mehrfach „entbürokratisiert“. Seit dem ArbeitnehmerInnenschutz-Deregulierungsgesetz 2017 ist das Thema abgeschlossen. Wir sagen: Entbürokratisierung dort, wo diese für die Gesellschaft einen Fortschritt und Mehrwert bedeutet. Bürokratieabbau als Deckmantel für die Aushebelung wichtiger Schutzgesetze wird abgelehnt.

„AUVA als neue Pflegeversicherung“: ÖGB und AK sind grundsätzlich gegen eine Pflegeversicherung, darüber hinaus wäre die AUVA dazu weder fachlich, personell noch finanziell in der Lage.

Positiv wird der Punkt „Planung und Bau von Gebäuden jedweder Nutzungskategorie im Hinblick auf zunehmende Außentemperaturen“ bewertet. Zumindest Arbeitsplätze in künftigen Arbeitsstätten könnten profitieren. Auch bei der geplanten „Modernisierung der Berufskrankheitenliste“ gibt es Aufholbedarf: vom Bewegungs- und Stützapparat, dem Karpaltunnelsyndrom über den weißen Hautkrebs bis hin zur Anerkennung von Burn-out als Berufskrankheit.

An mehreren Stellen sind vage Ideen zur betrieblichen Prävention angeführt. Die nachvollziehbare wirksame Umsetzung bis 2024 ist zu bezweifeln. Angedachte finanzielle Anreize für Unternehmen entfalten nicht die erhoffte Wirkung (vgl. GÖG-Studie „Institutionelle Betriebliche Gesundheitsförderung und Prävention“, 2016, S. 123 ff.).


Stillstand verlängert
Keine dieser AK-ÖGB-Forderungen findet sich wieder:

  • Etablierung von Arbeits- und OrganisationspsychologInnen als gleichberechtigte Präventivfachkräfte
  • 50 ArbeitsinspektorInnen mehr, um international vorgesehene Mindestvorgaben wieder zu erreichen
  • Besserer Schutz bei manueller Handhabung von Lasten
  • Einführung wissenschaftlich aktueller und risikobasierter Arbeitsstoffgrenzwerte
  • Mehr Schutz vor Sommerhitze durch verbindliche Maßnahmen und in letzter Konsequenz bezahlt hitzefrei

Stillstand bedeutet Rückschritt! Die Arbeitswelt ändert sich laufend. Neue Risiken entstehen – alte verschärfen sich weiter. Neue (arbeits)wissenschaftliche Erkenntnisse müssen zeitnah in Schutzgesetze einfließen. Resümee: Für ein ambitioniertes Regierungsprogramm fehlen viele wichtige Inhalte. Wir bleiben dran – ganz im Sinne der Gesundheit und Sicherheit der ArbeitnehmerInnen.

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