Gesunde Arbeit

Gute Arbeitsbedingungen für alle!

Ein sicheres und gesundes Arbeitsumfeld ist ein Menschenrecht. Arbeitgeber:innen sind dazu verpflichtet, sichere und gesunde Arbeitsbedingungen herzustellen. Nur durch die aktive Gestaltung gesunder Arbeitsbedingungen ist menschengerechtes Arbeiten im Betrieb möglich.
Auch die Arbeitsposition (sitzende, stehende, gebückte Körperhaltung oder so wie hier Überkopfarbeit) hat Einfluss auf die Belastung am Arbeitsplatz.
Im Pflegebereich führt der hausgemachte Personalmangel dazu, dass viele Arbeitnehmer:innen auspowern und ihre Freizeit nicht mehr planen können.
In der Tourismusbranche gibt es zu viel Arbeit für zu wenige Arbeitskräfte. Das führt zu langen Arbeitszeiten und geringer Erholungszeit.
Mann bei Arbeit über Kopf Auch die Arbeitsposition (sitzende, stehende, gebückte Körperhaltung oder so wie hier Überkopfarbeit) hat Einfluss auf die Belastung am Arbeitsplatz.
Im Pflegebereich führt der hausgemachte Personalmangel dazu, dass viele Arbeitnehmer:innen auspowern und ihre Freizeit nicht mehr planen können. Im Pflegebereich führt der hausgemachte Personalmangel dazu, dass viele Arbeitnehmer:innen auspowern und ihre Freizeit nicht mehr planen können.
Arbeitskräfte in der Tourismusbranche In der Tourismusbranche gibt es zu viel Arbeit für zu wenige Arbeitskräfte. Das führt zu langen Arbeitszeiten und geringer Erholungszeit.

Wenn man von Arbeitsbedingungen spricht, stellt sich zunächst die Frage, was alles dazu zählt. Denn der Begriff Arbeitsbedingungen umfasst eine Reihe unterschiedlicher Komponenten. Dazu zählen beispielsweise die organisatorischen, äußeren Rahmenbedingungen wie Arbeitszeiten und Erholungsphasen, die Bezahlung, der betriebliche Umgang mit Arbeitsbelastung und die Arbeitssicherheit. Ebenfalls wichtig sind z. B. das soziale Umfeld, das Betriebsklima, die Unterstützung im Team und durch Vorgesetzte, der Führungsstil, Wertschätzung und Anerkennung, Konfliktlösungsstrategien und das Miteinander im Betrieb.

Konkrete Hinweise, wie Arbeitsbedingungen im Betrieb zu gestalten sind, finden sich im ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (ASchG). Dort ist gesetzlich verankert, dass sichere und gesunde Arbeitsplätze für Psyche und Körper verpflichtend herzustellen sind. Zudem hat der Beschluss der ILO-Konferenz vom Juni 2022 (ILO = Internationale Arbeitsorganisation) ein weiteres Grundprinzip aufgenommen, demzufolge „ein sicheres und gesundes Arbeitsumfeld“ ein Menschenrecht ist.

Menschengerechtes Arbeiten Bei der verpflichtenden Herstellung psychisch und körperlich gesunder Arbeitsbedingungen laut ASchG geht es beispielsweise konkret um die Gestaltung von Arbeitsaufgaben bzw. Arbeitstätigkeiten, von Arbeitsumgebung und Arbeitsraum, von Arbeitsabläufen und der Arbeitsorganisation. Hierfür ist der Begriff der menschengerechten Arbeitsgestaltung zentral: Arbeit gilt dann als menschengerecht, wenn sie die Gesundheit des Menschen nicht gefährdet und ein Höchstmaß an Wohlbefinden und Arbeitszufriedenheit erreicht wird. Dabei müssen vor allem vier Kriterien erfüllt werden (Quelle: AK-Broschüre „Arbeitnehmer:innenschutz und Gesundheit“, 2022):

  • Ausführbarkeit (Arbeit ohne Gefährdung der Gesundheit ausführbar)
  • Erträglichkeit (Respektieren der Grenzen der Leistungsfähigkeit des Menschen)
  • Zumutbarkeit (Maßstäbe hierfür sind Gesetze, Verordnungen, Kollektivverträge, Betriebsvereinbarungen und Normen sowie gesellschaftliche Wertvorstellungen)
  • Wohlbefinden (nicht nur Freisein von Krankheit, sondern auch Arbeitszufriedenheit, Selbstverwirklichung bei der Arbeit etc.)

Ein wichtiger Aspekt ist hierbei, dass durch die Vermeidung und Reduzierung arbeitsbedingter Gefahren und Risiken die Gesundheit und die Leistungsfähigkeit des Menschen erhalten und gefördert werden. Die Arbeitsbedingungen sind daher so zu verändern und zu gestalten, dass sie als menschengerecht bezeichnet werden können.

Schlüsselfaktoren gesunder Arbeit Jede Arbeit ermüdet und beansprucht den Menschen. Für gesundes Arbeiten spielen unter anderem die folgenden Schlüsselfaktoren eine zentrale Rolle:
Arbeitsbelastung und Erholung: Ziel muss es immer sein, Fehlbeanspruchung gar nicht erst auftreten zu lassen bzw. diese auf ein Mindestmaß zu reduzieren. Zudem sind zum Ausgleich Erholzeiten in die Tätigkeit einzubauen, um die Gesundheit und Leistungsfähigkeit der Arbeitnehmer:innen zu erhalten. Wichtig dabei: mehrere kurze Pausen sinnvoll auf den gesamten Arbeitstag verteilen.

Arbeitszeit und Arbeitsdauer: Überlange Arbeitszeiten sind mit zahlreichen Risiken verbunden. Darunter fallen eine vermehrte Ermüdung, geringere Produktivität, ein höheres Unfallrisiko, ein höheres Erkrankungsrisiko sowie Probleme in Bezug auf die Aufnahme und den Abbau von gesundheitsschädigenden Arbeitsstoffen im Körper. Johanna Klösch, Arbeits- und Organisationspsychologin sowie Referentin in der Abteilung Sicherheit, Gesundheit und Arbeit in der Arbeiterkammer Wien, gibt in Bezug auf Arbeitszeit und -dauer zu bedenken: „Kranke Arbeitszeiten machen letztlich kranke Menschen. Arbeit darf uns nicht die Ressourcen für jene Bereiche rauben, die uns Menschen Sinn und Stabilität im Leben geben: Familie, Freunde, Hobbys, Gesundheit und Zeit für uns selbst.“

Ergonomie und Arbeitsumgebung: Um die Belastung am Arbeitsplatz zu reduzieren, muss ein besonderes Augenmerk auf die Arbeitsposition (sitzende, stehende, gebückte oder andere Körperhaltung) gelegt werden sowie auch auf die Umgebungseinflüsse (zum Beispiel Beleuchtung, Belichtung, Farbgebung, Lärm, Vibration, Raumklima, Gas, Staub, Rauch, Dämpfe usw.).

Psychische Gesundheit: Psychisch ungünstig gestaltete Arbeit kann zu Fehlbeanspruchung führen und psychisch und körperlich krank machen. Hier gilt es entsprechend entgegenzuwirken, denn die Zahlen der Mikrozensus-Arbeitskräfteerhebung der Statistik Austria (2022, Zahlen aus 2020) zeigen: Bereits 60 Prozent der Erwerbstätigen fühlen sich am Arbeitsplatz mindestens einem psychischen Gesundheitsrisiko ausgesetzt. Starker Zeitdruck bzw. Arbeitsüberlastung werden von den Befragten am häufigsten als größtes arbeitsbezogenes Gesundheitsrisiko genannt. Weitere Belastungsfaktoren sind der Umgang mit schwierigen Personen, schlechte Kommunikation und/oder Zusammenarbeit, fehlender Einfluss auf das Arbeitstempo, unsichere Beschäftigungsverhältnisse sowie Gewalt und Mobbing. Das ASchG sieht daher auch eine Evaluierung arbeitsbedingter psychischer Belastungen im Rahmen der betrieblichen Arbeitsplatzevaluierung verpflichtend vor, um die genannten Risiken zu reduzieren und im Idealfall zu beseitigen.

Arbeitsbedingungen in der Praxis In der Praxis sieht das jedoch oft anders aus. Einige Branchen fallen immer wieder negativ durch ihre schlechten Arbeitsbedingungen auf, darunter z. B. der Tourismus, die Gastronomie, der Pflegebereich, die Elementarpädagogik und der Handel.
Wie es um die Arbeitsbedingungen im Tourismus steht, weiß Berend Tusch, Vorsitzender des Fachbereichs Tourismus der Gewerkschaft vida: „Einer der größten Belastungsfaktoren ist die Arbeitsverdichtung.“ Das Problem, das dahintersteht: zu viel Arbeit und zu wenige Beschäftigte. Kritisch sind ihm zufolge auch die langen Arbeitszeiten und die geringe Erholungszeit. „Die psychische Belastung nimmt zu, weil der Ausgleich fehlt und man keinen Platz mehr für das Leben neben dem Job hat“, betont Tusch.
Im Pflege- und Sozialbetreuungsbereich ist vor allem die Personalmangelsituation kritisch. „Man weiß nie, wie man seine Freizeit planen kann, und das belastet die Psyche“, erläutert Sylvia Gassner, Vorsitzende des Fachbereichs Soziale Dienste der vida. „Die Arbeitsbedingungen müssen ganz dringend verbessert werden“, fordert Silvia Rosoli, Leiterin der Abteilung Gesundheitsberufe und Pflegepolitik der AK Wien. Handlungsbedarf sieht sie vor allem insofern, dass Nachtdienste nicht allein gemacht werden dürfen, dass Dienstpläne stabil bleiben und dass ausreichend Personal vorhanden ist.
Auch in der Elementarpädagogik braucht es bessere Arbeitsbedingungen, wie Katharina Mader, Expertin für Elementarpädagogik der AK Wien, anhand einiger Beispiele demonstriert: nicht genügend erwachsenengerechtes Mobiliar, hoher Lärmpegel und viel Hebe- und Tragearbeit. „Schon vor der Pandemie waren 7 von 10 Beschäftigten von regelmäßigen Nacken-, Schulter- und Kopfschmerzen betroffen.“ Das hat sich in der Pandemie noch zusätzlich verstärkt. „Der Arbeitsaufwand und der Stress sind ganz klar gestiegen“, so Mader.
Doch schlechte Arbeitsbedingungen müssen nicht sein. Das zeigt beispielsweise die Onlinemarketing-Firma eMAGNETIX, die in unserer Reportage auf den Seiten 24 und 25 im Heft vorgestellt wird.


Arbeit gesund gestalten Durch die Coronapandemie haben sich die Herausforderungen und der Druck auf die Arbeitnehmer:innen zusätzlich verstärkt, wie Sozialforscher Daniel Schönherr vom Institut SORA weiß: „Die Pandemie hat die Beschäftigten unterschiedlich getroffen. Während z. B. manche die Umstellung aufs Homeoffice bewerkstelligen mussten, mussten andere trotz hoher Infektionsrisiken weiterhin ausrücken. Zweieinhalb Jahre später sind viele erschöpft. Die Arbeitsbelastung steigt, Personalmangel führt zur Arbeitsverdichtung, Zukunftssorgen zu Verunsicherung und Resignation. Besonders auffällig: Immer mehr junge Menschen fühlen sich in der Arbeit isoliert und sozial benachteiligt.“
Umso wichtiger ist es, die Arbeit im Betrieb gesund zu gestalten. Dafür sollten vor allem sieben Gestaltungsmerkmale realisiert werden (Quelle: Arbeitspsychologe Eberhard Ulich in Kirchler/Hölzl: Arbeitsgestaltung in Organisationen, 2002):

  • Ganzheitlichkeit (z. B. Aufgaben mit planenden, ausführenden und kontrollierenden Elementen)
  • Anforderungsvielfalt (z. B. Aufgaben mit unterschiedlichen Anforderungen an Körperfunktionen und Sinnesorgane)
  • Möglichkeiten der sozialen Interaktion (z. B. Aufgaben, die in Kooperation durchgeführt werden)
  • Autonomie (z. B. Aufgaben mit Entscheidungsmöglichkeiten)
  • Lern- und Entwicklungsmöglichkeiten (z. B. komplexe Aufgaben, bei denen unterschiedliche Qualifikationen eingesetzt oder neu erworben werden müssen)
  • Zeitelastizität/stressfreie Regulierbarkeit (z. B. Zeitpuffer bei der Festlegung von Vorgabezeiten)
  • Sinnhaftigkeit (z. B. das Gefühl, an der Herstellung von gesellschaftlich nützlichen Produkten/Dienstleistungen beteiligt zu sein)

Ein umfassender und funktionierender Arbeitnehmer:innenschutz ist hierfür die Grundvoraussetzung und auch die damit verbundene und gesetzlich vorgeschriebene Arbeitsplatzevaluierung körperlicher und psychischer Belastungen ein erster Schritt. Darüber hinaus sind auch Angebote und Investitionen in die betriebliche Prävention, wie betriebliche Gesundheitsförderung und betriebliches Gesundheitsmanagement, von Bedeutung für die Herstellung von guten Arbeitsbedingungen.

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