Am Arbeitsplatz angesteckt: Long COVID als Berufskrankheit
Eine Infektion mit dem Coronavirus am Arbeitsplatz kann sowohl eine Berufskrankheit als auch ein Arbeitsunfall sein. Wesentlicher Unterschied ist, dass die Anerkennung als Berufskrankheit nur in bestimmten und in der „Berufskrankheitenliste“ genannten Bereichen wie Gesundheits- und Bildungseinrichtungen, öffentlichen Apotheken und Unternehmen mit „vergleichbarer Gefährdung“ möglich ist.
Sofern die berufliche Tätigkeit nicht in einem Listenunternehmen ausgeübt wird, kann die Erkrankung als Arbeitsunfall qualifiziert werden. Der Rechtsprechung folgend muss die Infektion hierfür einer bestimmten Arbeitsschicht zugeordnet werden können.
Anforderungen an die Beweisführung
Die Anerkennung als Berufskrankheit oder Arbeitsunfall setzt voraus, dass die Infektion am Arbeitsplatz als zumindest wahrscheinlich nachgewiesen werden kann. Für beispielsweise im Krankenhaus tätige Personen, die in der Arbeit mit einer infizierten Person in Kontakt waren, ist der Beweis durch die Nennung der Indexperson leicht zu führen. Nur wenn der Versicherungsträger die zumindest gleich hohe Wahrscheinlichkeit einer Ansteckung im privaten Umfeld nachweist, z. B. durch das Aufzeigen eines Kontaktes zu einer infizierten Person in der Freizeit, ist der Beweis widerlegt.
Schwieriger wird die Beweisführung für die Supermarktkassiererin, die sich bei einem unbekannten Kunden ansteckt, daher keine Indexperson nennen und auch keinen Cluster aufzeigen kann. Ob die Infektion in der Arbeit wahrscheinlicher ist als im Privaten, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab und wird in der Praxis durch einen medizinischen Sachverständigen zu klären sein.
Bessere Absicherung und Versorgung von Betroffenen
Betroffene von Long COVID kämpfen nicht nur lange Zeit mit Symptomen der Infektion, sondern auch mit zusätzlichen Belastungen, wie existenziellen Ängsten. Die Anerkennung als Berufskrankheit oder Arbeitsunfall kann dem entgegenwirken: Sofern die Erwerbsfähigkeit infolge der Berufskrankheit über drei Monate nach Eintritt des Versicherungsfalles hinaus um mindestens 20 Prozent vermindert ist, besteht ein Anspruch auf Versehrtenrente für die Dauer der Minderung der Erwerbsfähigkeit. Neben der finanziellen Absicherung bringt die Anerkennung auch eine bessere Heilbehandlung mit sich, da in der Unfallversicherung die Beseitigung oder zumindest Besserung der Gesundheitsstörung „mit allen geeigneten Mitteln“ erfolgen kann.
Infektion unbedingt melden!
Wesentlich ist, dass die Infektion mit dem Coronavirus am Arbeitsplatz dem zuständigen Unfallversicherungsträger gemeldet wird – dies unabhängig von der Schwere der Symptome. Nur so kann das Vorliegen einer Berufskrankheit oder eines Arbeitsunfalles überprüft werden.