Gesunde Arbeit

Ausgehungerte Unfallversicherung

Die Senkung des Unfallversicherungsbeitrages (UV-Beitrag) von 1,2 auf 1,1 Prozent hat schwerwiegende Folgen für den Unfallversicherungsschutz und die Krankenversicherung.
Vor dem Hintergrund des enormen Aufholbedarfs bei der Anerkennung von Berufskrankheiten ist die weitere Senkung des Unfallversicherungsbeitrages das absolut falsche Signal.
Frau sitzt bei Ärztin und bekommt Befund erklärt Vor dem Hintergrund des enormen Aufholbedarfs bei der Anerkennung von Berufskrankheiten ist die weitere Senkung des Unfallversicherungsbeitrages das absolut falsche Signal.

Gleichzeitig mit dem „Teuerungs-Entlastungspaket“ wurde die Ausgleichszahlung der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt (AUVA) an die Österreichische Gesundheitskasse (ÖGK) für die Behandlung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten auf die Krankenversicherung abgewälzt.

Aufholbedarf bei Berufskrankheiten Vor dem Hintergrund des enormen Aufholbedarfs bei der Anerkennung von Berufskrankheiten ist die UV-Beitragskürzung das absolut falsche Signal. Im europäischen Vergleich ist Österreich Schlusslicht bei der Anerkennung von Berufskrankheiten. Die Liste der Berufskrankheiten ist weitgehend auf dem Stand der männerdominierten Arbeitswelt der 1950er-Jahre. Längst hat die Liste den Anschluss an die vielfältigen Belastungen der modernen Arbeitswelt verloren.
Österreich hat die Verschiebung der Belastungsstruktur von Arbeitsunfällen hin zu Berufskrankheiten über Jahrzehnte verschlafen. So umfasst die Liste der Berufskrankheiten 52 Positionen, die deutsche Liste 82. In Deutschland sind etwa weißer Hautkrebs, belastungsbedingte Wirbelsäulen-, Hüft- und Knieerkrankungen oder auch das Karpaltunnelsyndrom als Berufskrankheiten anerkannt. In Deutschland wurden 2021 in 123.228 Fällen (inklusive COVID-19) eine Berufskrankheit und 2.172 Todesfälle als Folge einer Berufskrankheit festgestellt. In Österreich wurden für 2021 in 6.743 Fällen (inklusive COVID-19) eine Berufskrankheit und in 91 Fällen Tod infolge einer Berufskrankheit ausgewiesen.


Sparzwang statt notwendiger Leistungsausbau Die Gebarung der AUVA wurde negativ beeinflusst durch die zweimalige Beitragskürzung von 1,4 auf 1,2 Prozent (2014 und 2019), die Entgeltfortzahlungsleistung für Kleinbetriebe 2018/19, die Abgabe der Selbstständigen 2020 sowie die Coronakrise. Das alles führt seit 2019 durchgehend zu Bilanzverlusten der AUVA (letzter Rechnungsabschluss 2020: –45,4 Mio. Euro). Der Voranschlag 2022 weist einen Verlust von –33,2 Mio. Euro aus.

Die aktuelle Beitragskürzung von 1,2 auf 1,1 Prozent belastet die AUVA jährlich mit rund 125 Mio. Euro zusätzlich und prolongiert die finanzielle Magersucht. Eine ausgeglichene Gebarung bleibt mittelfristig unmöglich. Für die im Regierungsprogramm vereinbarte Modernisierung der Berufskrankheitenliste bleibt zu hoffen, dass sie nicht zu einer Schmalspurversion verkommt.
Und die ÖGK wird doppelt belastet: Die Abgeltung der AUVA an die ÖGK für die Behandlung von Arbeitsunfällen wird um 110 Mio. Euro jährlich gekürzt. Für die im Ergebnis abgesagte echte Modernisierung der Berufskrankheitenliste muss die ÖGK weiterhin für die Behandlung arbeitsbedingter Krankheiten, die eigentlich der AUVA als Berufskrankheiten zuzuordnen wären, die Kosten tragen. Die derzeitige Bundesregierung setzt den von der ÖVP/FPÖ-Regierung eingeschlagenen Weg des finanziellen Aushungerns fort, indem die durch Arbeitgeberbeiträge finanzierte AUVA auf Kosten der ÖGK-Versicherten entlastet wird.

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