Verstaubte Ansichten bei Arbeitsstoffen
Jährlich sind 102.500 tödliche Krebserkrankungen aufgrund von krebserzeugenden Arbeitsstoffen in der EU zu verzeichnen, so die Studie des Europäischen Gewerkschaftsbundes. Für Österreich sind das über 1.800 Todesfälle pro Jahr. Das entspricht dem Zwanzigfachen der tödlichen Arbeitsunfälle. Die schockierenden Zahlen zeigen dringenden Handlungsbedarf bei der Arbeit mit gesundheitsgefährdenden Arbeitsstoffen.
Systematischer Zugang
Das ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (ASchG) und die Grenzwerteverordnung geben den rechtlichen Rahmen vor. Grundlage im Betrieb bildet die Arbeitsstoffevaluierung. Dazu gehören die Führung eines Arbeitsstoffverzeichnisses, aktuelle Sicherheitsdatenblätter (SDB), Kennzeichnung mittels Piktogrammen etc. Aufgrund der festgestellten Gefahren sind weitere Schritte zu setzen, z. B. Betriebsanweisungen, Unterweisungen bzw. persönliche Schutzausrüstung und regelmäßige Untersuchungen entsprechend der Verordnung über die Gesundheitsüberwachung am Arbeitsplatz.
Arbeitsstoffverzeichnis und SDB
Einen Überblick für den Betrieb verschafft ein Arbeitsstoffverzeichnis. Dazu braucht es zuständige Personen mit entsprechendem Wissen. SDB bieten die Grundlage zur Bewertung. ArbeitsmedizinerIn und Sicherheitsfachkraft sollen miteinbezogen werden. Sie legen notwendige Schutzmaßnahmen fest. Anschließend werden die betroffenen ArbeitnehmerInnen informiert und unterwiesen. SDB in Ordnern sammeln und verstauben lassen entspricht auf keinem Fall dem präventiven Ansatz!
Exposition unbekannt
Zur Feststellung der Arbeitsplatzexposition können Berechnungen angestellt oder Messungen durchgeführt werden. Vorsicht: Auch wenn Grenzwerte eingehalten werden, bedeutet dies oft nicht, dass „keine“ Gefahr besteht. Es mangelt noch immer an der Unterscheidung von MAK- und TRK-Werten. Meist werden betroffene ArbeitnehmerInnen einfach zur Untersuchung geschickt. Sinnvoller wäre eine präventive Expositionsreduktion, um Untersuchungen hinfällig zu machen.
Fazit
Daten und Praxis zeigen, dass Probleme durch gesundheitsgefährdende Arbeitsstoffe massiv unterschätzt werden. Folgende Ansätze scheinen notwendig: ein Umstieg von TRK-Werten auf risikobasierte Grenzwerte sowie regelmäßige Anpassungen der MAK-Werte entsprechend wissenschaftlichen Erkenntnissen. Eine Modernisierung der Meldeverpflichtung sollte in digitalen Zeiten selbstverständlich sein. Verstärkte Aufklärung und Information von ArbeitgeberInnen und ArbeitnehmerInnen müssen Teil der Gesamtstrategie werden.