Gesunde Arbeit

Mit Tabletten gegen Stress

Zwischen gesteigertem Medikamentengebrauch und arbeitsbedingten Belastungen gibt es manchmal eine enge Verbindung: Personalmangel, Schichtarbeit und geringe soziale Unterstützung wirken hier als Verstärkung. Ein Beispiel aus einem Betrieb soll dies verdeutlichen.
Frauen konsumieren Schlaf- und Beruhigungsmittel häufiger als Männer.
Frau hält Glas Wasser und Tabletten in den Händen Frauen konsumieren Schlaf- und Beruhigungsmittel häufiger als Männer.

Katharina ist 36 Jahre alt und seit fünf Jahren in einem Lebensmittelbetrieb im Sekretariat beschäftigt. Überstunden und Arbeiten unter Stress sind im gesamten Unternehmen an der Tagesordnung. Seit Monaten kann Katharina nicht mehr gut schlafen und fühlt sich tagsüber wie gerädert. Aus diesem Grund war sie auch beim Arzt, der ihr ein Schlafmittel verschrieben hat. Das hat geholfen. Aber das Aufstehen am Morgen fällt ihr schwer und tagsüber hat sie Probleme, sich zu konzentrieren. Außerdem wirken die Medikamente nicht mehr so wie am Anfang. Deswegen hat sie im Laufe der Zeit eigenmächtig – ohne Rücksprache mit dem Arzt – die Dosis erhöht. Sie weiß, sie sollte Alternativen, wie das Erlernen von Entspannungsübungen, und eine psychologische Beratung in Anspruch nehmen. Aber die Tabletten sind die schnellere Lösung – und das nun bereits über einen längeren Zeitraum.

Was ist der Unterschied zu anderen Süchten?
Die beschriebenen Schlaf- und Beruhigungsmittel haben ein hohes Missbrauchs- bzw. Abhängigkeitspotenzial, vor allem diejenigen aus der Wirkstoffgruppe der Benzodiazepine und der Benzodiazepin-Rezeptor-Agonisten. In Österreich hat circa jede fünfte Person schon mindestens einmal im Leben Schlaf- oder Beruhigungsmittel konsumiert, Frauen häufiger als Männer. Die Konsumerfahrung steigt mit dem Alter kontinuierlich an.

Geht es bei Alkohol meist um den Genuss oder das Rauscherleben, spielen bei Medikamenten behandlungsbedürftige Erkrankungen und Beschwerden wie z. B. Schlaflosigkeit eine Rolle. Im Zentrum steht die Einnahme bestimmter Arzneimittel, die meistens für einen kurzen Zeitraum verschrieben und eingenommen werden sollen. Ein Anzeichen für eine mögliche Suchtentwicklung besteht, wenn immer größere Mengen von dem Arzneimittel notwendig sind, um den gewünschten Effekt zu erzielen. Die betroffene Person konsumiert dann mehr und über einen längeren Zeitraum.


Tipps für Betriebe
Die Medikamenteneinnahme über einen längeren Zeitraum bleibt im sozialen Umfeld von Menschen oft lange unbemerkt. Eine Abhängigkeit entwickelt sich schleichend.

Das können Betriebe tun:

  • Arbeitsbedingungen durchleuchten und optimieren
  • Präventionsmaßnahmen implementieren: eine Unternehmenskultur schaffen, in der über das Thema „Substanzkonsum“ gesprochen werden kann, und, wenn erforderlich, Regeln im Umgang mit Medikamenten bei der Ausübung konkreter Tätigkeiten vorgeben
  • Beratung bei psychischen Problemen ermöglichen
  • Stressreduktionsprogramme anbieten

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