ÖGB-Achitz: Regierung macht aus einem sehr, sehr schlechten Gesetz ein sehr schlechtes Gesetz
„Dass die Regierungsparteien nun doch zu minimalen Korrekturen des 12-Stunden-Tag-Gesetzes bereit sind, zeigt nur, dass die zahlreichen Kritiker recht haben“, sagt Bernhard Achitz, Leitender Sekretär des ÖGB: „An der Sache ändert sich dadurch aber gar nichts: Freiwilligkeit besteht nur auf dem Papier, und den ArbeitnehmerInnen wird neben den Überstundenzuschlägen auch Freizeit und Gesundheit genommen.“ Sowohl die 11. und 12. Arbeitsstunde als auch Sonntags-/Feiertagsarbeit können ohne weiters angeordnet werden.
Die Regierung will nun regeln, dass die 11. und 12. Stunde ohne Angabe von Gründen abgelehnt werden dürfen, dass ArbeitnehmerInnen deshalb nicht benachteiligt werden dürfen und dass Kündigungen, die aus diesem Grund erfolgen, angefochten werden können. „Das ändert in der harten Realität der Arbeitswelt aber rein gar nichts, denn viele ArbeiterInnen und Angestellte werden sich nicht trauen zu sagen, dass sie keine Überstunden machen wollen“, sagt Achitz: „Sogar dann, wenn sie tatsächlich freiwillig geleistet werden, sind überlange Arbeitszeiten gesundheitsschädlich.“ Außerdem setzen freiwillige Überstunden auch KollegInnen unter Druck, ebenfalls „freiwillig“ Überstunden zu leisten.
Vor allem die persönliche und wirtschaftliche Abhängigkeit vom Arbeitgeber lässt nur in Ausnahmefällen Freiwilligkeit zu, da bei mehrmaliger Ablehnung von Überstunden prinzipiell immer langfristige Folgen bei Beförderungen oder Rationalisierungsmaßnahmen zu erwarten sind.
Rechtsanspruch auf Zeitausgleich, wann immer man will?
Auch wenn ArbeitnehmerInnen selbst entscheiden können, ob sie Überstunden durch Freizeit abgegolten haben wollen: Sie dürfen nicht selbst entscheiden, wann sie diese Freizeit konsumieren. „Dafür ist immer die Zustimmung des Arbeitgebers erforderlich“, sagt Achitz. Somit gibt es weiterhin nicht die versprochenen Freizeitblöcke nach Tagen mit langer Arbeitszeit: „Solange es keinen Rechtsanspruch darauf gibt, dass ArbeitnehmerInnen Zeitausgleich einseitig antreten können, wann auch immer die sie das wollen, ändert das nichts an der derzeitigen Lage.
Überstundenzuschläge werden in vielen Fällen halbiert
Bisher sind die 11. und 12. Stunde nur ausnahmsweise zulässig und der Arbeitgeber muss einen Grund nachweisen und mit dem Betriebsrat eine Betriebsvereinbarung (BV) abschließen. Diese BV sind anlassbezogen und daher befristet. Sie erlöschen, wenn z. B. der Großauftrag abgearbeitet ist und bleiben daher keinesfalls bestehen. Achitz: „Diese Betriebsvereinbarungen sind es aber, die Ausgleichsmaßnahmen regeln, zum Beispiel 100 Prozent Überstundenzuschlag statt nur 50 Prozent.“ Künftig sind solche BVs nicht mehr nötig, da der Arbeitgeber die 11. und 12. Stunde wie eine normale Überstunde anordnen kann, und damit nicht mehr auf die Zustimmung des Betriebsrats angewiesen ist.
Der heutige Abänderungsantrag ist eine Nebelgranate, um die Öffentlichkeit zu verwirren und von der von allen Seiten geäußerten Kritik abzulenken. Im Vergleich zur geltenden Rechtslage werden für Arbeitnehmerinnen durch den Initiativantrag selbst unter Berücksichtigung des heutigen Abänderungsantrages keine neuen Rechte, sondern ausschließlich neue Pflichten geschaffen, während den Arbeitgebern zahlreiche neue Möglichkeiten eingeräumt werden. Das 12-Stunden-Tag-Gesetz ist und bleibt daher ein Anschlag auf Freizeit, Geld und Gesundheit der Arbeitnehmerinnen.