Arbeitszeit: Tourismus-Beschäftigte dürfen noch stärker ausgepresst werden
Ab 1. September treten mit dem neuen Arbeitszeitgesetz staatlich sanktionierte Verschlechterungen für Österreichs ArbeitnehmerInnen in Kraft. „Für die rund 200.000 KollegInnen im Tourismus sind die neuen Regelungen nichts anderes als ein fieser Anschlag auf ihre Gesundheit. Kaum eine andere Branche als der Tourismus habe jetzt bereits eine so hohe Zahl an gesundheitsschädlichen Beeinflussungen, mit der Kürzung der Ruhezeiten bei geteilten Diensten kommt noch eine weitere hinzu“, so Berend Tusch, Vorsitzender des Fachbereichs Tourismus in der Gewerkschaft vida.
Anstieg der Arbeitsunfälle droht
Bei geteilten Diensten wird die Ruhezeit zwischen Dienstende und Dienstbeginn von elf auf acht Stunden verkürzt. „Viele arbeiten bis spät in die Nacht, müssen dann einen langen Heimweg zurücklegen und sollen in der Früh wieder bereitstehen – und das ohne adäquate Erholung. Die körperlich sehr anstrengende Arbeit braucht Ruhephasen und Entspannung“, betont Tusch. Er verweist auf die Daten des jüngsten Arbeitsklimaindex für den Bereich Tourismus, wonach die Beschäftigten über hohe körperliche Belastungen und Stress klagen.
Lehrlinge weiter Rauch ausgesetzt
Die Verordnung der Sozialministerin sieht zudem vor, dass Jugendliche, die ab 1. September eine Lehre in der Gastronomie beginnen, bis zu eine Stunde pro Tag in Räumen arbeiten dürften, in denen geraucht wird. „Hier wird wider besseren Wissens die Gesundheit der Lehrlinge aufs Spiel gesetzt. Es ist völlig unverständlich, dass das soeben erlassene absolute Rauchverbot in Schulen nicht auch für die Gastronomie gilt – Jugendliche sind es in beiden Fällen. Die gesetzlichen Bestimmungen haben sich hier im Bezug auf die Gesundheit für Jugendliche zum Positiven verbessert – außer sie beginnen eine Lehre in der Gastronomie. Hier ziehen die Fachkräfte von morgen beim Nichtraucherschutz klar den Kürzeren“, ist Tusch entsetzt.
Menschen werden vergrault
Mehr Arbeit und weniger Gesundheit lautet die Devise der Regierung, „die mit ihrem Murksgesetz munter den Fachkräftemangel weiter befeuert“, kritisiert Tusch. Es wird weder inländische noch ausländische ArbeitnehmerInnen geben, die sich unter diesen Voraussetzungen um einen Job in der österreichischen Tourismuswirtschaft reißen, so Tusch: „Das neue Arbeitszeitgesetz bedient einzig und allein die Lebensrealitäten der Betriebe und macht ein familienfreundliches Arbeitsleben nahezu unmöglich. Die Menschen in den Betrieben haben deswegen schon jetzt Ängste und Sorgen.“
Zufriedenheit sichert wirtschaftlichen Erfolg
Die Arbeitgeber sind aufgefordert, unabhängig der gesetzlichen Möglichkeiten, endlich ordentliche Rahmenbedingungen in den Betrieben zu schaffen, so Tusch: „Es kann nicht sein, dass der Wettbewerb unter den Betrieben darin mündet, wer mit noch weniger Beschäftigten sein Geschäftsziel erreichen kann. Ich applaudiere jenen Betrieben, die bereits jetzt erkannt haben, dass neben der Gastfreundlichkeit die MitarbeiterInnenbindung und -zufriedenheit das höchste Gut sind, das man in einem Unternehmen haben kann. Tourismus ohne Beschäftigte, egal woher sie kommen, wird auch in Zukunft nicht funktionieren. Erschöpfte und demotivierte MitarbeiterInnen sind der falsche Weg, um wirtschaftlich erfolgreich zu sein.“