Überlange Arbeitszeiten belasten die Gesundheit
Jeder, der selbst betroffen ist, weiß: Bei überlangen Arbeitszeiten fühlt man sich eher matt und erschöpft, hat Probleme beim Schlafen und Muskelverspannungen in Schulter und Nacken. Deshalb lehnt die AK auch das neue Arbeitszeitgesetz ab, das mit 1. September 2018 in Kraft getreten ist. Es bringt nicht nur viele Verschlechterungen, sondern öffnet einer schlechten Praxis Tür und Tor (siehe Beitrag weiter unten).
Tatsächlich fühlt sich jeder Zweite durch überlange Arbeitszeiten gesundheitlich belastet. Das zeigt der Gesundheitsmonitor der AK, für den das Institut für Empirische Sozialforschung (IFES) im Vorjahr 4.000 Beschäftigte befragt hat: Von den 3,733 Millionen Menschen, die 2018 in Österreich unselbstständig erwerbstätig waren, musste schon bisher fast die Hälfte zumindest manchmal bis zu 12 Stunden pro Tag arbeiten. Das verlängert ihre wöchentliche Arbeitszeit, erschwert die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben und verursacht mehr Zeitstress. Von der viel zitierten 4-Tage-Woche kann hingegen keine Rede sein.
Pflege, Transport und am Bau
Aufgeschlüsselt nach Geschlechtern sagten 57 Prozent der Männer, bereits jetzt von Zeit zu Zeit mehr als zehn Stunden zu arbeiten, bei den Frauen waren es „nur“ 36 Prozent. Das liegt einerseits an der hohen Teilzeitquote der Frauen, andererseits sind Männer verstärkt in Branchen und Berufen mit überlangen Arbeitstagen beschäftigt.
Überlange Arbeitszeiten werden v. a. in der Pflege erbracht, aber auch am Bau oder im Transportwesen, also in Berufen, die körperlich besonders fordernd sind. Arbeiter sind deutlich häufiger vom 12-Stunden-Tag betroffen als Angestellte.
Am meisten Zeitstress gibt es in folgenden Berufen:
Kassier | 62 % |
Pflegeberufe (medizinische Betreuung) | 61 % |
Textilarbeiter | 60 % |
Transportwesen | 59 % |
Regalbetreuer | 59 % |
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Die 4-Tage-Woche als wesentliches Argument der Bundesregierung für den 12-Stunden-Tag wird vom Arbeitsgesundheitsmonitor eindeutig entkräftet: Wer länger als zehn Stunden am Tag arbeitet, schafft es nicht, die Arbeitszeit auf weniger Wochentage zu verteilen, sondern arbeitet Woche für Woche mehr und länger. Der 12-Stunden-Tag dient dazu, noch mehr Arbeit zu erledigen, anstatt sich die Zeit besser einteilen zu können.
Je öfter jemand mehr als zehn Stunden arbeitet, desto länger ist seine wöchentliche Arbeitszeit. Jene, die jede Woche zumindest einen überlangen Tag machen, arbeiten durchschnittlich 47,6 Wochenstunden. Wer noch öfter mehr als zehn Stunden arbeitet, kommt sogar auf eine Wochenarbeitszeit von 51,6 Stunden.
Je öfter Beschäftigte überlange Arbeitszeiten haben, desto mehr leiden sie unter Zeitstress. Während zwei Drittel der Beschäftigten mit „normalen“ Arbeitstagen keinen Zeitstress haben, sind es bei jenen mit regelmäßigen 11- oder 12-Stunden-Tagen nur 40 Prozent. Heißt umgekehrt: Sechs von zehn Beschäftigten mit überlangen Arbeitstagen haben Zeitstress.
Den stärksten Zeitstress verspüren übrigens Beschäftigte zwischen 30 und 50 Jahren. In diesem Alter spielt wohl die Schwierigkeit, Beruf, Karriere und Privatleben samt Familie unter einen Hut zu bekommen, eine wesentliche Rolle.
Beschäftigte, die Zeitstress haben, sind weniger zufrieden mit dem Leben, öfter müde und matt, müssen in der Arbeit viel Verantwortung tragen, können den Job häufiger nicht bis zur Pension ausüben und fühlen sich am Ende eines Arbeitstages ganz besonders verbraucht. Sie gehen auch eher krank zur Arbeit als Menschen, die keinen Zeitstress haben.
Bei den Menschen ohne Zeitstress beurteilt die Hälfte ihre Work-Life-Balance als sehr gut. Bei jenen, die Zeitstress haben, sagt das nur ein Viertel.
Um den Job bis zur Pension schaffen zu können, wünschen sich Personen mit Zeitstress kürzere Arbeitszeiten und geringere Belastungen. Das sagen auch jene Beschäftigten, die schon jetzt elf oder zwölf Stunden arbeiten müssen.
AK Forderungen
Die AK fordert daher die Bundesregierung auf, das Arbeitszeitgesetz gemeinsam mit den Sozialpartnern zu überarbeiten. Langfristig entspricht nur eine Arbeitszeitverkürzung den Bedürfnissen und Interessen der Beschäftigten.
Um das Risiko gesundheitlicher Beeinträchtigungen bei überlangen Arbeitszeiten möglichst gering zu halten, müssen folgende Punkte eingehalten werden:
- Die Arbeitszeit ist an die psychische und körperliche Belastungsintensität anzupassen – je anstrengender die Arbeit, desto kürzer die Arbeitszeit.
- Überlange Arbeitszeiten und lange Arbeitsphasen ohne Ruhezeiten sind zu vermeiden – das verringert auch das Fehler- und Unfallrisiko.
- Die Beschäftigten müssen bei der Gestaltung der Arbeitszeit mitreden dürfen, damit ihre Anliegen und gesundheitlichen Bedürfnisse Beachtung finden.
- Dauer und Lage der Arbeitszeit sollten so wenig wie möglich wechseln. Arbeitszeiten sollten vorhersehbar und planbar sein. Dabei muss auch ein Ausgleich für unübliche Arbeitszeiten, wie etwa Nacht- und Schichtarbeit, geteilte Dienste oder Wochenendarbeit, geschaffen werden.
4-Tage-Woche als Ausgleich gefordert
Die AK Tirol wollte von ihren Mitgliedern wissen, was sie von der neuen Regelung des 12-Stunden-Arbeitstages halten. 800 von ihnen wurden dazu für eine repräsentative Umfrage vom market-Institut telefonisch interviewt.
Nicht weniger als 94 % gaben an, von der neuen Regelung gehört zu haben. Mehr als die Hälfte hält die neue Arbeitszeitregelung jedoch für eine schlechte bis sehr schlechte Idee, lediglich 14 % erkennen dahinter eine sehr gute Idee.
Besonders sauer stößt auf, dass das neue Gesetz ohne Einbindung der Sozialpartner beschlossen wurde. 71 % der Befragten halten dies für eine schlechte bzw. sehr schlechte Idee. Auch die Pläne der Regierung, die Sozialpartner stärker zurückzudrängen, beurteilen 69 % negativ.
Stark unterstützt wird hingegen die Forderung der AK nach einer 4-Tage-Woche als Ausgleich zur 12-Stunden-Arbeit: 70 % halten dies für eine sehr gute bzw. gute Idee, lediglich 8 % lehnen diese Forderung komplett ab.