vida: „Schockierende“ Arbeitsbedingungen bei Innsbrucker Verkehrsbetrieben
Bei der Betriebsversammlung der BuslenkerInnen der Innsbrucker Verkehrsbetriebe (IVB) ist es diese Woche laut Karl Delfs, Bundessekretär des Fachbereichs Straße in der Verkehrs- und Dienstleistungsgewerkschaft vida, unter den rund 200 teilnehmenden MitarbeiterInnen hinsichtlich ihrer Belastung durch Mehr- und Überstundenleistungen zu „teils drastischen Schilderungen, die man durchaus als letzten Hilfeschrei der Beschäftigten bezeichnen kann“, gekommen.
„Schockiert“, zeigt sich Delfs angesichts der Schilderungen der IVB-BusfahrerInnen über „massive Verstöße“ gegen Lenk- und Ruhezeiten. So seien Lenkzeiten von über 11 Stunden ohne Einhaltung von Pausen an der Tagesordnung.
Die in der Betriebsversammlung am meisten vorgebrachten Punkte sind:
- Tausende Überstunden werden seit Jahren geleistet, bei chronischem Unterbestand an FahrerInnen. Zugleich werden immer höhere Krankenstände und Kündigungen in Kauf genommen.
- Die Diensteinteilung, Dienstgestaltung und Einsatzzeiten erfolgen auch mit dem Risiko gesetzlicher Übertretungen.
- Die Pausenregelungen werden zum Teil überlange geplant und nicht bezahlt. Als Dienstort wird das gesamte Stadtgebiet bezeichnet.
- Die Freizeitregelungen werden regelmäßig beschnitten, auch angesichts der hohen Fluktuationen und Krankenstände.
- Ihre Entlohnung kritisieren die Beschäftigten als unfair und nicht ihrer Leistung entsprechend.
- Die Überstundenabgeltung entspricht nicht den Regelungen im Kollektivvertrag (KV).
- Der wirtschaftliche Druck der Eigentümer Stadt Innsbruck und Land Tirol wird von den IVB 1:1 an die Beschäftigten weitergereicht.
Zudem seien Bushaltestellen so angelegt worden, dass Sperrlinien überfahren werden müssen, kritisiert Delfs weiter. Das Fahrpersonal sei auch angewiesen worden, den Warnton beim Rückwärtsfahren mit dem Bus leise zu drehen. „Auch die angegebenen Fahrzeiten laut Fahrplan sind zu knapp bemessen und somit für die FahrerInnen nicht einzuhalten. Erschwerend ist jetzt auch noch, dass fast alle Innsbrucker Straßen eine einzige Großbaustelle sind und dadurch für die Busse Stauzeiten von bis zu 20 Minuten entstehen. Das führt alles dazu, dass FahrerInnen nicht einmal mehr Zeit haben, um aufs WC gehen zu können.“ Zudem würden Dienstablösen so angeordnet werden, dass fast keine Pausen möglich oder diese viel zu kurz seien, so der Gewerkschafter empört.
Als „tragisch“ bezeichnet der vida-Gewerkschafter den Umstand, dass das einstige Vorzeigeunternehmen IVB nun insbesondere hinsichtlich seines Umgangs mit dem Personal „so abzurutschen droht“: „Alle bei der Betriebsversammlung anwesenden MitarbeiterInnen berichteten über mangelnde Wertschätzung ihrer Leistungen durch die Unternehmensführung und den Eigentümer.“
Die personelle Unterbesetzung führe dazu, dass MitarbeiterInnen „wochenlang durcharbeiten“ müssten. „Da sind nicht nur Einzelne erschöpft, da befindet sich mittlerweile der Großteil der FahrerInnen in Erschöpfungszuständen, die keinesfalls ignoriert werden dürfen“, warnt Delfs.
„Eine Belegschaft, die eine derartige Extremsituation so lange und souverän meistert, zeigt hohe Verbundenheit mit dem Unternehmen und den Fahrgästen. Die MitarbeiterInnen haben sich daher Antworten auf ihre berechtigten Fragen verdient“, fordert Delfs. Nachdem es der Unternehmensführung nicht gelungen sei, die Situation der LenkerInnen zu verbessern, sei nun der Eigentümer gefragt. „Der Innsbrucker Bürgermeister wäre gut beraten, umgehend substanzielle Gespräche mit der Belegschaftsvertretung über ihre Forderungen aufzunehmen“, appelliert Delfs.
Die drei wichtigsten Anliegen der Belegschaft lauten: Faire Entlohnung für faire Leistungen; Umlaufzeiten, Fahrzeiten und Dienste, die zumutbar sind, sowie eine Vier-Tage-Dienst und Drei-Tage-Freizeitregelung. „Das sind auch die Anliegen, die berücksichtigt werden sollten, um die Situation der FahrerInnen zu verbessern, die Verkehrssicherheit zu gewährleisten und den guten Ruf der IVB wiederherzustellen“, bekräftigt Delfs abschließend.