Wie viel arbeiten wir? Arbeitszeit in Österreich
Ein Blick über die Grenzen offenbart, dass Beschäftigte in Österreich länger arbeiten als die meisten anderen in Europa. Vollzeitbeschäftigte arbeiteten 2018 durchschnittlich 41,2 Stunden in der Woche. Zum Vergleich waren es in Deutschland 40,2 Stunden, in Frankreich 39,1 und in Dänemark 37,8 Stunden in der Woche. Die bezahlte Arbeitszeit ist allerdings zwischen den Geschlechtern sehr ungleich verteilt: Vereinfacht stehen sich ein hohes Arbeitszeitausmaß von Männern mit vielen Mehr- und Überstunden und ein geringes zeitliches Ausmaß an bezahlter Arbeit von Frauen (Teilzeitquote 2018: 48,3 %) gegenüber. Geprägt ist dieser Gender-Time-Gap in Österreich von traditionellen Rollenbildern und ungleicher Verteilung der Haus- und Betreuungsarbeit.
Rechtliche Rahmenbedingungen
In Österreich werden die gesetzlichen Mindeststandards im Arbeitszeitgesetz (AZG) und im Arbeitsruhegesetz (ARG) geregelt. Diese gesetzlichen Regelungen legen vor allem tägliche und wöchentliche Normal- und Höchstarbeitszeiten, Ruhebestimmungen und Ausnahmen von diesen Grundsätzen fest. Über diese Mindeststandards hinaus gehen Regelungen auf kollektivvertraglicher oder betrieblicher Ebene, die branchen- oder betriebsspezifische Bedürfnisse berücksichtigen. Die Einsicht, dass lange Arbeitszeiten sich ungünstig auf die Gesundheit auswirken, hat in den letzten Jahren dazu geführt, dass in bestimmten Kollektivverträgen Freizeitoptionen festgeschrieben wurden.
Arbeitszeit neu
Am 1. September 2018 traten die Neuerungen im Arbeitszeitgesetz (AZG) in Kraft, mit denen die Höchstarbeitszeit auf 12 Stunden täglich und 60 Stunden wöchentlich ausgedehnt wurde. Durch den Wegfall der Zustimmung des Betriebsrates oder eines Arbeitsmediziners/einer Arbeitsmedizinerin zu Überstunden hat sich diese Ausdehnung von Arbeitszeit für ArbeitgeberInnen vereinfacht – ArbeitnehmerInnen sind hingegen nun stärkerem Druck ausgesetzt, länger zu arbeiten. Die Novelle zeigt damit ein grundlegendes Spannungsverhältnis im Arbeitsrecht auf: Wer darf Rahmenbedingungen für Flexibilität festlegen? Wessen Interessen müssen zu welchem Preis berücksichtigt werden?
Arbeitszeit und gesellschaftlicher Wandel
Die gesellschaftlichen Gegebenheiten, die durch die Ausgestaltung von Arbeitszeit beeinflusst werden, sind vielfältig und reichen von Auswirkungen auf die Gesundheit (Stichwort Burn-out) über die Vereinbarkeit von Beruf und Familie bis hin zur Ermöglichung zivilgesellschaftlichen und politischen Engagements. Diese Auswirkungen abseits von individueller Betroffenheit zeigen die politische Relevanz von Arbeitszeitregelungen und geben Anlass, um über Alternativen, wie eine deutliche Arbeitszeitverkürzung, nachzudenken.