Wenn Arbeit die Seele auffrisst!
(Über)lange Arbeitszeiten und häufige Überstunden stehen in direktem Zusammenhang mit massiven gesundheitlichen und sozialen Beeinträchtigungen. Zudem sinken Leistungsfähigkeit, Motivation und die Qualität der Arbeit. Wir wissen heute, dass die Ermüdung während eines 12-Stunden-Tages dreieinhalbmal höher ist als an einem arbeitsfreien Tag. Wenn nun zwei 12-Stunden-Tage aufeinanderfolgen, brauchen wir mindestens zwei arbeitsfreie Tage zur Erholung – dann funktionieren wir wieder einigermaßen normal. Aber richtige Freizeit, Zeit für Freude an Hobbys, für den Freundeskreis, Zeit für die „anderen wichtigen Dinge im Leben“ hatten wir nicht!
Ab der 9. Arbeitsstunde steigt das Unfallrisiko kontinuierlich an und ist bei einem 12-Stunden-Tag durchschnittlich doppelt so hoch wie bei einem 8-Stunden-Tag. Auch das Risiko von Konflikten und Fehlentscheidungen steigt. Bei längeren wöchentlichen Arbeitszeiten sind Verschlechterungen der psychischen und körperlichen Gesundheit sowie negative Auswirkungen auf die Work-Life-Balance wissenschaftlich nachgewiesen.
Irgendwann schreit die Psyche auf!
Wir reagieren auf die Belastung durch lange Arbeitszeiten mit Müdigkeit, erhöhter Gereiztheit und tendieren zu negativen Bewältigungsstrategien. Dies führt zu vermehrtem Alkoholkonsum, ungesundem Ernährungsverhalten oder Zigarettenkonsum, und wir bewegen uns zu wenig! Wir schlafen schlecht, wir schlafen zu wenig – das Risiko, bei überlangen Arbeitszeiten Einschlafprobleme zu bekommen, ist massiv erhöht. Ein verschlechterter psychischer Gesundheitszustand kann mit Ängsten, Depressionen und Stressreaktionen/Burn-out einhergehen und uns langfristig aus der Bahn werfen. Aber eine belastete Psyche schwächt auch das Immunsystem, und damit steigt das Risiko für körperliche Erkrankungen, wie Infektionserkrankungen, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Übergewicht oder Rückenbeschwerden.
Berufsverbände für PsychologInnen gegen regelmäßige 12-Stunden-Tage
Die Berufsverbände für PsychologInnen, BÖP und GkPP, sprechen sich aus wissenschaftlicher Sicht ausdrücklich gegen regelmäßige 12-Stunden-Tage und verlängerte Wochenarbeitszeiten von über 40 Stunden aus und warnen vor einem Anstieg an arbeitsbedingten psychischen Erkrankungen mit verstärkten Leidenszuständen der Menschen, negativen sozialen Auswirkungen sowie erhöhten Kosten für Leistungen des Gesundheitssystems. Lassen sich in absoluten Ausnahmefällen längere Schichten nicht vermeiden, so sind unbedingt verlängerte Pausenzeiten bzw. Arbeitsbereitschaftszeiten einzuplanen. Eine Kombination von 12-Stunden-Tagen und verlängerten Wochenarbeitszeiten ist jedenfalls zu vermeiden.
Andrea Birbaumer, Gesellschaft kritischer Psychologen und Psychologinnen (GkPP), birbaumer@gkpp.at, www.gkpp.at
Christoph Kabas, Berufsverband österreichischer PsychologInnen (BÖP), office@boep.or.at, www.boep.or.at