Gesunde Arbeit

Neue Maßnahmen zum Schutz vor Asbest zu wenig ambitioniert

Die EU-Kommission hat am 28. September 2022 ein neues Konzept für ein asbestfreies Europa vorgestellt. Mit ihren Vorschlägen bleibt die Kommission aber deutlich hinter den Forderungen der Gewerkschaften und des EU-Parlaments zurück.
Um ein asbestfreies Europa für heutige und künftige Generationen sicherzustellen, sieht die EU-Kommission Maßnahmen in verschiedenen Bereichen vor.
Arbeiter:innen im Schutzanzug Um ein asbestfreies Europa für heutige und künftige Generationen sicherzustellen, sieht die EU-Kommission Maßnahmen in verschiedenen Bereichen vor.
Bestehend aus einer Mitteilung und einem Vorschlag für eine Abänderung der entsprechenden Richtlinie, soll das Maßnahmenpaket eine umfassende Verbesserung des Schutzes vor Asbest für alle Menschen sicherstellen. 
 
Asbest stellt nach wie vor ein erhebliches Gesundheitsrisiko in der EU dar. Zwar ist der Einsatz des höchst krebserregenden Stoffes seit 2005 in allen Mitgliedstaaten verboten, in vielen älteren Gebäuden sind jedoch nach wie vor asbesthaltige Materialien verbaut. Kommt es im Rahmen von Renovierungen zu einer Beschädigung dieser Baustoffe, können die gefährlichen Asbestfasern freigesetzt werden, deren Einatmen das Risiko erhöht, an Lungen- oder Brustfellkrebs zu erkranken. Wie der Europäische Gewerkschaftsbund hinweist, sterben in Europa jedes Jahr ca 100.000 Menschen an arbeitsbedingtem Krebs, wobei mehr als die Hälfte dieser Todesfälle auf durch Asbest ausgelöste Krebskrankheiten zurückzuführen sind. Besonders im Zusammenhang mit einer Tätigkeit im Baugewerbe stellt Asbest demnach ein überproportional hohes Gesundheitsrisiko dar, aber auch Bergleute, Feuerwehrleute und Abfallbeseitigungsarbeiter: innen sind besonders stark betroffene Berufsgruppen.
 
Vor dem Hintergrund des Grünen Wandels sollen in den nächsten Jahren zahlreiche Gebäude in den Mitgliedstaaten durch Renovierungen energieeffizienter bzw CO2-neutral gestaltet werden. Gerade im Rahmen dieser Sanierungen spielt die Eindämmung der Gesundheitsrisiken durch Asbest daher eine wesentliche Rolle.
 
Eckpfeiler des Konzepts für eine asbestfreie Zukunft
Um ein asbestfreies Europa für heutige und künftige Generationen sicherzustellen, sieht die EU-Kommission Maßnahmen in verschiedenen Bereichen vor. So sollen Betroffene asbestbedingter Krankheiten dahingehend unterstützt werden, dass weitere durch Asbest ausgelöste Krankheiten als Berufskrankheiten eingestuft werden. Die Mitgliedstaaten werden gleichzeitig zur Entwicklung nationaler Strategien zur Asbestbeseitigung aufgefordert, wobei die Ermittlung und Meldung von Asbest in Gebäuden durch einen 2023 geplanten Gesetzesvorschlag der EU-Kommission vereinheitlicht werden soll. Zur sicheren Entsorgung von Asbest plant die Kommission eine Studie über neue Entsorgungsverfahren und Behandlungstechnologien. Hinsichtlich der Finanzierung wird auf die Mittel aus der Aufbau- und Resilienzfazilität (RFF), dem Europäischen Sozialfonds Plus und dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung verwiesen.
 
Die für Arbeitnehmer:innen bedeutendste Maßnahme betrifft den Vorschlag zur Änderung der Richtlinie über Asbest am Arbeitsplatz. Neben Kampagnen, die zur Sensibilisierung von Unternehmen, Gebäudeeigentümer:innen, Arbeitnehmer:innen und der öffentlichen Verwaltung beitragen, soll der Grenzwert für die Asbestexposition bei der Arbeit von derzeit 0,1 auf 0,01 Fasern pro cm3 verringert werden.
 
EU-Parlament, AK und Gewerkschaften: Grenzwert viel zu hoch
Aus Sicht der AK sind die von der EU-Kommission vorgestellten Maßnahmen zum Schutz vor Asbest zu begrüßen. Gerade für die 4,1 bis 7,3 Mio europäischen Arbeitnehmer:innen, welche nach Schätzungen aktuell Asbest ausgesetzt sind, ist eine Überarbeitung der derzeitigen Regelungen essenziell und ein wichtiger Schritt hin zu einem besseren Gesundheitsschutz. Zu kritisieren ist jedoch, dass der Grenzwert bloß auf 0,01 und nicht auf 0,001 Fasern pro cm3 herabgesetzt wurde, wie es die AK, Gewerkschaften und auch der Beratende Ausschuss für Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz (ACSH) etwa gefordert hatten. Auch die Forderung nach einer Verbesserung der Qualität der Messmethoden ist bedauerlicherweise nicht in dem Konzept der EU-Kommission aufgegriffen worden. Im Beschäftigungsausschuss (EMPL) des EU-Parlaments, wo am 25. September 2022 ein Austausch mit Sozialkommissar Nicolas Schmit zu dem Thema stattfand, zeigten sich die EU-Abgeordneten fraktionsübergreifend enttäuscht mit dem wenig ambitionierten Kommissionsvorschlag. In einer Resolution aus dem Jahr 2021 hatte sich das EU-Parlament bereits für den 10-fach niedrigeren Grenzwert für Asbest ausgesprochen.
 
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