Gesunde Arbeit

Ärztliches Personal: Arbeitszeit unter der Lupe

Serie „Arbeitsinspektion unterwegs“

ÄrztInnen in Krankenhäusern leiden oft unter Burn-out. Das Arbeitsinspektorat Bregenz nahm sich der Thematik an, weil in Vorarlberger Krankenhäusern zunehmend Dienstposten eingespart wurden und gleichzeitig deutsche MedizinerInnen der besseren Bezahlung wegen nach Hause zurückkehrten. Dieser Personalmangel führte zu massiven Überschreitungen der durch das Krankenanstalten-Arbeitszeitgesetz (KA-AZG) vorgegebenen Limits.
Sabine Krenn, Amtsleiterin Arbeitsinspektorat Bregenz
DI Sabine Krenn Sabine Krenn, Amtsleiterin Arbeitsinspektorat Bregenz

Für keinen anderen Berufsstand in Österreich sind derart viele Arbeitsstunden zulässig, dennoch wurden in Vorarlberger Krankenhäusern massive Überschreitungen festgestellt. Die Betreibergesellschaft (KHBG) wurde wiederholt schriftlich aufgefordert, Maßnahmen zu ergreifen. Im März 2013 (noch vor Änderung des KA-AZG wegen EU-Vorgaben) startete Elisabeth Martin, Abteilungsleiterin für Verwendungsschutz, eine Schwerpunktaktion. Überprüfungen geschahen nicht nur, um dem Gesetz Genüge zu tun, sondern waren auch ein persönliches Anliegen. In Sisyphos-Arbeit wurden von ihr stapelweise Arbeitszeitaufzeichnungen, Überstunden- und Bereitschaftslisten etc. ausgewertet.

Das besorgniserregende Ergebnis: Überschreitungen der Wochenarbeitszeiten um bis zu 92,3 Stunden, geleistet vornehmlich durch TurnusärztInnen, verlängerte Dienste mit durchgehender Inanspruchnahme in der Nacht meist auf mehreren Stationen/Ambulanzen gleichzeitig, fehlende Ruhezeiten während Rufbereitschaftsdienst.

Das Verwaltungsstrafverfahren gegen den Geschäftsführer der KHBG (Strafsumme 24.000 Euro) wurde durch alle Instanzen bestätigt.

Dieser Schritt hat enorm Staub aufgewirbelt. Die Lokalpresse schrieb an prominenter Stelle über die Missstände. Der ORF berichtete über die Missstände und die Anzeige. Eine parlamentarische Anfrage an den Sozialminister war die Folge.

Die Kontrolle in einem Stadt-Krankenhaus brachte ein ähnliches Ergebnis, Aufsichtsbeschwerde wurde eingebracht. Die Wirkung:

  • Maßnahmen durch die Geschäftsführung der KHBG, mehr Budget vom Gesundheitslandesrat
  • Rund 250 zusätzliche Dienstposten in den LKH
  • Attraktive Gehaltsreform
  • Offensive erfolgreiche Anwerbung von ÄrztInnen mit interessanten Zusatzangeboten
  • Erfolgreiches, professionell begleitetes Projekt zur Arbeitszeit-/Dienstplangestaltung mit Belegschaft und Betriebsrat

Um das Stadt-Krankenhaus zur Maßnahmensetzung zu bewegen, war im zweiten Durchgang der Schwerpunktaktion im Juli 2014 eine zweite Aufsichtsbeschwerde erforderlich. Seither hat auch dieses KH Budget bereitgestellt und ist mit ähnlichen Aktivitäten nachgezogen.

Diese Verbesserungen haben das Vertrauen der Belegschaft gestärkt, sowohl zur Arbeitsinspektion als kompetenter Ansprechpartnerin als auch zur Arbeitgeberin. Fazit: Es lohnt sich, hartnäckig zu bleiben. Erfolg gibt das gute Gefühl, Sinnvolles bewegt zu haben.


In der Serie „Arbeitsinspektion unterwegs“ wird jeweils ein Fall aus der Praxis der Arbeitsinspektion vorgestellt.

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