Gesunde Arbeit

Keine Flexibilisierung der Arbeitszeiten zu Lasten der ArbeitnehmerInnen

"Wir wollen Fortschritt, keinen Rückschritt. Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie sowie die Gesundheit der Beschäftigten sind wichtige Parameter, wenn man über die Flexibilisierung der Arbeitszeiten spricht“, sagt Rudi Kaske, Präsident der Bundesarbeitskammer. „Nur wer genügend Regenerationsphasen im Arbeitsleben hat, kann langfristig gesund bleiben und damit auch gute Arbeit verrichten.“
AK-Präsident Rudi Kaske
AK-Präsident Rudi Kaske

Eine neue Flexibilisierung der Arbeitszeiten wünschen sich Wirtschaftskammer und Industrie. „Solche Forderungen können keine Einbahnstraße sein“, sagt Rudi Kaske, Präsident der Bundesarbeitskammer. Eine weitere Flexibilisierung dürfe nicht zu Lasten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gehen. Schon jetzt sind von den rund 250 Millionen Überstunden, die pro Jahr geleistet werden, rund 50 Millionen nicht bezahlt – viele davon deshalb, weil sie nicht aufgezeichnet werden. „Diese unvergüteten Überstunden entsprechen 30.000 Vollzeitarbeitsplätzen. Wer über Flexibilisierung reden will, der soll zunächst einmal über ordentliche Zeiterfassung reden“, sagt Kaske.

Die Gewerkschaften haben in den Kollektivverträgen ausgezeichnete Branchenlösungen verhandelt, meint Kaske. Daher werde schon jetzt in Österreich sehr flexibel gearbeitet. Einen nicht unbeträchtlichen Teil tragen dazu auch die vielen unvergüteten Mehr- und Überstunden bei, die schon jetzt geleistet werden und die ausschließlich den ArbeitgeberInnen zugutekommen. „Wahre Flexibilisierung ist allerdings etwas anderes als die in bestimmten Fällen bereits mögliche 12-Stunden-Höchstarbeitszeit pro Tag und die 60-Stunden-Wochenarbeitszeit“, sagt AK Präsident Kaske. Zu vermuten ist, dass es der Arbeitgeberseite bei jeder weiteren Flexibilisierung nur darum geht, sich die Mehr- und Überstundenzuschläge zu ersparen.

„Wir wollen Fortschritt, keinen Rückschritt. Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie sowie die Gesundheit der Beschäftigten sind wichtige Parameter, wenn man über die Flexibilisierung der Arbeitszeiten spricht“, sagt Kaske. „Nur wer genügend Regenerationsphasen im Arbeitsleben hat, kann langfristig gesund bleiben und damit auch gute Arbeit verrichten.“

Aus arbeitsmedizinischer und arbeitswissenschaftlicher Sicht sind Arbeitszeiten über einen längeren Zeitraum betrachtet von täglich mehr als acht und wöchentlich 60 Stunden abzulehnen, weil durch die lange Arbeitsdauer körperliche, psychische und gesundheitliche Belastungen entstehen, die die Gesundheit der ArbeitnehmerInnen enorm gefährden. Bei längeren Arbeitszeiten steigt die Ermüdung, was mittelfristig zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen führen kann. Auch die Produktivität sinkt, je länger man arbeitet.

Lange Arbeitszeiten ohne Regenerationsphasen führen zu mehr Muskel- und Skeletterkrankungen, mehr psychischen Erkrankungen, mehr Arbeitsunfällen und damit auch zu mehr Ausfällen durch Krankenstände und Invaliditätspensionen. „Auch im Sport können Höchstleistungen nicht dauerhaft gebracht werden, Dauer-Sprinter gibt es nicht. Der bessere Weg wäre, die Arbeitszeit nicht zu erhöhen, sondern intelligent zu verteilen“, sagt Kaske. Denn die Studie „Arbeitszeiten in Österreich: Zwischen Wünschen und Realität“ zeigt, dass Vollzeitarbeitskräfte im Schnitt um 1 Stunde 48 Minuten pro Woche kürzer arbeiten wollen, Teilzeitarbeitskräfte aber um 2 Stunden und 42 Minuten länger pro Woche. „Im Saldo überwiegt also der Wunsch nach kürzeren Arbeitszeiten“, sagt Kaske. 610.000 Menschen wollen ihre Arbeitszeit verringern, rund halb so viele sie erhöhen.

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