Gesunde Arbeit

Tourismus: Belastungen für Beschäftigte immer größer

Arbeitsklimaindex Tourismus für Wien: Unzufriedene MitarbeiterInnen, kaum Perspektiven und wenig Lohn.

Im Städtetourismus ist Wien einer der großen Player in Europa. 2015 wurde mit über 14 Millionen Nächtigungen ein neuer Rekordwert erreicht. Eine Branche jubelt – nicht miteinstimmen in den Chor der Begeisterung können die Beschäftigten im Hotel- und Gastgewerbe. Ganz im Gegenteil: die Attraktivität der Tourismusbranche ist mittlerweile beunruhigend niedrig. Nur ein Drittel der Beschäftigten im Wiener Tourismus kann sich vorstellen, auf lange Sicht in derselben Position zu bleiben. Zudem ist das Vertrauen der MitarbeiterInnen, dass ihr Betrieb eine wirtschaftlich sichere Zukunft hat, in Wien deutlich geringer als im Rest von Österreich. Das zeigt eine erstmals für Wien durchgeführte Sonderauswertung des Arbeitsklimaindex, präsentiert von Gewerkschaft vida, AK Wien und IFES.

Belastungen für Beschäftigte immer größer
Während die Nächtigungszahlen in Wien explodieren, bleibt der Anstieg bei den Beschäftigten im Tourismus auffallend niedrig. Um den Gästeansturm zu bewältigen, müssen die Beschäftigten also deutlich mehr als noch vor einigen Jahren arbeiten. „Diese Arbeitsverdichtung drückt die Stimmung unter den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern natürlich weiter“, erklärt Berend Tusch, Vorsitzender des vida-Fachbereichs Tourismus. Zudem lagern immer mehr Unternehmen ihre Wäscherei, Reinigung oder auch die Haustechnik an Fremdfirmen aus und stellen kein eigenes Personal mehr dafür ein.

Turbo für bessere Ausbildung muss her
Die Branche muss auch in Sachen Ausbildung dringend mehrere Gänge höher schalten. Österreichweit haben 2008 noch 14.495 junge Menschen eine Lehre im Bereich „Tourismus und Freizeitwirtschaft“ begonnen, 2015 waren es nur mehr 9.075, ein sattes Minus von über 37 Prozent. In Wien ist die Lehrlingszahl um knapp 19 Prozent zurückgegangen. „Die Branche bekommt jetzt die Rechnung dafür präsentiert, dass in vielen Betrieben Lehrlinge oft nur als billige Arbeitskräfte herhalten müssen“, analysiert Tusch. „Aufgrund des hohen Arbeitsaufkommens bleibt in vielen Fällen schlicht und einfach keine Zeit, den Nachwuchs qualitativ hochwertig auszubilden. Dass junge Menschen dann ihren Enthusiasmus verlieren, braucht niemanden zu wundern.“

Einkommen müssen dringen steigen
Die Alarmglocken in der Wiener Hotel- und Gastronomiebranche schrillen immer lauter. Besonders dramatisch: Nur ein Prozent der Beschäftigten sagt, dass sie sehr gut von ihrem Verdienst leben können, für 22 Prozent reicht es gerade. Dreiviertel der Beschäftigten kommen mit ihrem Einkommen nicht aus! „Traumjobs sehen anders aus. Wertschätzung muss sich auch finanziell bemerkbar machen. Wer zum Leben zu wenig verdient,  begibt sich natürlich auf die Suche nach einem anderen Job. Solange sich hier nicht rasch etwas ändert, wird der Tourismus eine Fluchtbranche bleiben“, ist AK Präsident Rudi Kaske überzeugt.

Die Tourismusbranche muss etwas tun, um als Arbeitgeber wieder attraktiver zu werden. Die Beschäftigten brauchen Karrieremöglichkeiten, Weiterbildung und Perspektiven. Zudem muss es eine deutlich verbesserte Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben geben. Wochenendarbeit, Dienstpläne, die oft nicht eingehalten werden oder viel zu kurze Ruhezeiten wirken für viele abschreckend. „Die Branche ist nicht beziehungsfähig – Arbeitgeber verlangen ein Maximum sind aber oft nur minimal bereit, den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern entgegenzukommen. Daraus können keine Erfolgsgeschichten entstehen“, so Tusch.


Einladung zu Tourismusgipfel
Um den Beschäftigten in Zukunft wieder mehr Perspektiven zu geben und die Branche wieder attraktiver zu machen, machen sich vida und die Arbeiterkammer für ein Tourismusgipfelgespräch stark. Dabei sollen mit allen wichtigen Vertretern der Branche Lösungen gefunden werden. Denn nur zufriedene Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter können dazu führen, dass auch die Gäste zufrieden sind. So gewinnen alle.

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