Gesunde Arbeit

Für ,Henry am Zug‘ war auch ein 12-Stunden-Tag nicht genug

Am Montag, den 23.10.2017 stand am Wiener Arbeits- und Sozialgericht das System „Henry am Zug“ erneut vor Gericht. Den MitarbeiterInnen des Unternehmens, das für die Verpflegung der ÖBB-Fahrgäste am Zug sorgt, wurden Pausen und Ruhezeiten vorenthalten.
AK Direktor Christoph Klein
AK Direktor Christoph Klein AK Direktor Christoph Klein

„Da bleibt nur das Klo. Manche haben dort gegessen, nur dort hatte man seine Ruhe“, so eine ehemalige Arbeitnehmerin, die mithilfe der AK Klage eingebracht hat. Der Fall „Henry am Zug“ zeigt für die AK, wie wichtig eine Beschränkung der Arbeitszeit ist: „Es sind Unternehmen wie ,Henry am Zug‘, die Druck für den 12-Stunden-Tag machen. Das würde ihnen aber auch noch nicht reichen. Für manche ist es eben nie genug“, sagt AK Direktor Christoph Klein. „Hier sagen wir als AK klar: Stopp! Die derzeitigen Regelungen sind flexibel genug.“

Die „Henry-Bibel“ nannten die MitarbeiterInnen von „Henry am Zug“ den zentimeterdicken Ringordner, der bis hin zum Make-Up bis ins kleinste Detail ihr Verhalten regelte. „Das Benehmen der Unternehmensführung den MitarbeiterInnen gegenüber hat allerdings mehr als zu wünschen übrig gelassen“, sagt AK Juristin Julia Vazny-König und zählt die Verstöße auf, wegen derer die AK zusammen mit den Betroffenen vor Gericht zieht:

  • Dienste bis zu 17 Stunden lang

Die höchste zulässige Tagesarbeitszeit liegt laut Gastgewerbe-Kollektivvertrag, der für „Henry am Zug“ bis 30. Juni galt, bei 12 Stunden. Doch das reichte dem Unternehmen nicht. Teils bis zu 17 Stunden am Stück mussten die MitarbeiterInnen schuften.

  • Arbeit während der Pausen wurde nicht bezahlt

Spätestens nach sechs Stunden Arbeit ist eine Pause von einer halben Stunde zu halten. Das Unternehmen argumentiert, dass die MitarbeiterInnen diese Pause ja einhalten können, wenn gerade kein Fahrgast etwas braucht. Das ist aber keine Freizeit im Sinne des Arbeitszeitgesetzes. Dennoch wurde die Arbeit in der Pause nicht bezahlt. Der fehlende Lohn wurde von der AK erfolgreich eingeklagt und in erster Instanz zugesprochen. Das Unternehmen hat dagegen berufen.

  • Keine Einhaltung der Ruhezeiten

„Wenn wir um 24 Uhr in Innsbruck ankamen, hatten wir oft schon um 4 Uhr früh wieder Dienstbeginn“, so eine ehemalige Mitarbeiterin. Diese vier Stunden Ruhezeit gab es aber auch nur, wenn es zu keiner Verspätung kam. Laut Arbeitszeitgesetz ist nach Beendigung der Tagesarbeitszeit eine Ruhezeit von 11 Stunden einzuhalten, der laut Gastronomie-Kollektivvertrag auf 10 Stunden herabgesetzt werden kann.

Die Spezialisten für das Verkehrswesen im Arbeitsinspektorat und die Finanzpolizei deckten das Ausmaß der Verstöße bei einer Schwerpunktaktion im Jänner 2016 auf. Attila Dogudan, Chef von Do & Co, dem Unternehmen, zu dem auch „Henry am Zug“ gehört, bezeichnete gegenüber dem Magazin „Trend“ die Verstöße als „normales Arbeiten“.

Kämpfen zahlt sich jedenfalls aus: Dank der Gewerkschaft vida gibt es jetzt einen neuen Kollektivvertrag für die gastronomische Betreuung auf Schienenbahnen mit 20 Prozent mehr Lohn.

Forderungen

  • Kein genereller 12-Stunden-Tag: „Das Beispiel Henry am Zug zeigt, dass manche Unternehmen eine Ausdehnung der zulässigen Höchstarbeitszeit ausnützen würden, um sogar diese hohen Arbeitszeiten noch ausufern zu lassen.“
  • Zum Ausgleich der allgegenwärtigen Produktivitätssteigerung: „Die Arbeit wird immer intensiver. Als Ausgleich sollte es mehr Freizeit geben. Daher fordern wir eine generelle Arbeitszeitverkürzung und gesunde Arbeit für alle!“
  • Mehr Arbeitsinspektoren: „Wer die Kontrolle der Arbeitsschutzbestimmungen als bürokratische Schikane bezeichnet und ihre Bedeutung für die die Gesundheit der Menschen leugnet, spielt ein faules Spiel. Wer will, dass wir länger gesünder arbeiten, muss auch wollen, dass die Einhaltung der Schutzbestimmungen kontrolliert und der Schaden von dem bezahlt wird, der ihn anrichtet, und nicht vom Sozialsystem.“
  • Doppeltes Entgelt bei vorsätzlicher Nichtbezahlung von Überstunden: „Jetzt muss ein Arbeitgeber, wenn er erwischt wird, nur nachzahlen, was er der ArbeitnehmerIn sowieso schuldet. ArbeitnehmerInnen haben eine ordentliche Kompensation verdient, wenn ihnen Überstundenentgelte vorsätzlich vorenthalten werden.“
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