Gesunde Arbeit

Pausen: Das richtige Timing zählt

Dass Gehirn und Körper Arbeitspausen und Erholung brauchen, um einwandfrei zu funktionieren, ist allgemein unbestritten. Weitaus weniger bekannt sind die Details: Wie oft, wie lange und in welcher Form sollte man idealerweise Pause machen?
Pausen - auf das richtige Timing kommt es an.
Nutzen Sie Pausen, um sich zu erholen!
Bewegung bringt's!
Mitarbeiter macht eine Arbeitspause Pausen - auf das richtige Timing kommt es an.
MitarbeiterInnen machen Pause Nutzen Sie Pausen, um sich zu erholen!
Mitarbeiterin bei Dehnungs- und Lockerungsübungen Bewegung bringt's!

Logisch, es gibt nicht die eine, für alle Arbeitswelten optimale Gestaltung von Pausen und Ruhezeiten. Zu groß sind die Unterschiede zwischen Jung und Alt, zwischen den Beanspruchungen von körperlich und geistig Arbeitenden oder von Beschäftigten mit KundInnen- oder PatientInnenkontakt und etwa Lkw-FahrerInnen.

Sicher und durch Studien belegt ist jedenfalls, dass von rechtzeitigen (Kurz-)Pausen und ausreichend Ruhezeiten sowohl ArbeitgeberInnen als auch Beschäftigte profitieren: Kreativität und Produktivität erhöhen sich, während das Risiko für Unfälle, Abnützungserscheinungen und stressbedingte Erkrankungen zurückgeht.

Doch nicht nur diese wissenschaftlichen Erkenntnisse werden in der Realität häufig außer Acht gelassen. So manche/r vergisst auch auf ganz simple Gegebenheiten, etwa dass unser Körper im Laufe eines Arbeitstages auch Energiezufuhr in Form von Essen benötigt. Quer durch fast alle Branchen verzichten ArbeitnehmerInnen nicht nur auf das Mittagessen, sondern oft auch gleich auf die Pause – aus Stress, persönlichem Ehrgeiz oder Angst um den Job.

Der Deutsche Sportbund verglich die Leistungsfähigkeit bei Autofahrten ohne und mit kohlehydrathaltigen Zwischenmahlzeiten am Rennsimulator. Ohne Snack nahm die Fehlerquote schon nach 70 Kilometern Fahrt rapide zu, um schließlich nach 110 Kilometern auf fast das Zehnfache zu steigen. Hingegen blieb die Fehlerquote mit einer kleinen Zwischenmahlzeit ziemlich konstant. Die Betonung liegt dabei auf klein, nach üppigen Mahlzeiten sinkt die Leistung eher. Zwischenmahlzeiten wie Obst (mit Jogurt oder Hüttenkäse), Gemüse, Vollkorngebäck oder -kekse, Maroni, Nüsse etc. sollten ungefähr 10 Prozent des Tageskalorienbedarfs ausmachen.

Ständig steigende Zielvorgaben verleiten zu selbstgefährdendem Verhalten: Das Arbeitstempo wird gesteigert, Pausen werden nicht eingehalten. Je höher die Zeitautonomie, desto weniger Pausen werden gemacht. Führungskräfte gehen meist mit schlechtem Beispiel voran. Im Rahmen der Fürsorgepflicht liegt hier die Verantwortung bei den ArbeitgeberInnen, selbstgefährdendes Verhalten zu verhindern.


Übermüdet zur Arbeit
Der Trend zum selbstbestimmten Arbeiten würde eigentlich von allen ArbeitnehmerInnen profundes Wissen über die positive Wirkung zeitgerechter Pausen verlangen. Tatsächlich führt er derzeit nachweislich dazu, dass weniger Pausen gemacht werden.

Dass lange Arbeitstage einen bedenklichen Ermüdungszuwachs bewirken können, zeigte unter anderen eine 2017 veröffentlichte Studie der MedUni Wien (Zentrum für Public Health, Abteilung für Umwelthygiene und Umweltmedizin): 12-Stunden-Arbeitstage führen zu erheblicher Ermüdung, die nur schwer auf normalem Weg durch die Tagesfreizeit abgebaut werden kann. Untersucht wurde dazu die Belastung von AltenpflegerInnen in SeniorInnen-Wohnhäusern. Der Ermüdungszuwachs während eines 12-Stunden-Tagdienstes ist dreieinhalb Mal höher als an einem arbeitsfreien Tag, außerdem nimmt die Ermüdung bei zwei aufeinanderfolgenden 12-Stunden-Diensten weiter signifikant zu. Die Erholung am Tagesrand reicht in diesem Fall nicht aus, um dies sofort auszugleichen. Nach zwei aufeinanderfolgenden Tagen mit je zwölf Stunden Arbeitszeit müsste man drei Tage freinehmen, um sich vollständig zu erholen. Generell gebe es praktisch bei jedem Menschen spätestens ab der 10. Tagesarbeitsstunde einen deutlichen Leistungsknick – inklusive erhöhter Unfallgefahr im Beruf oder im Straßenverkehr. „Das zeigt, dass der 8-Stunden-Tag eine gesunde Basis ist“, so Gerhard Blasche, einer der StudienautorInnen. Die Folge fortgeschrittener Ermüdung ist eine überproportional große Anstrengung inklusive zugehörige Stressreaktionen. Wer jahrelang 50 oder mehr Stunden pro Woche arbeitet, hat ein signifikant erhöhtes Risiko für Krebs, Herz-Kreislauf-Krankheiten oder psychosomatische Erkrankungen.


Pausen-Know-how
Kurzpausen sind sinnvoll, aber auch schwierig. Denn wer unterbricht schon gerne die Arbeit, wenn man gerade in Schwung ist oder befürchtet, danach komplett den Faden zu verlieren. Mit unerledigten Aufgaben im Hinterkopf ist Erholung schlecht möglich. Hier kann die viel zitierte Achtsamkeit helfen: Wer auf seinen Körper hört, merkt rechtzeitig, dass Konzentration und Motivation nachlassen oder Verspannungen spürbar werden. Kurze Notizen können den Wiedereinstieg nach 10 Minuten Pause erleichtern.

Und die Erholung zwischendurch tut gut: Wer kennt das nicht, dass genau dann, wenn man an etwas anderes denkt, plötzlich eine neue Idee oder ein lange gesuchtes Wort auftaucht?
Generell werden Arbeitspausen unterteilt in Mikropausen (weniger als 1 Minute), Minipausen (1–5 Minuten), Kurzpausen (5–10 Minuten). Entscheidend ist der ausreichend erholsame Tätigkeitswechsel. Bei Bildschirmarbeit müssen die Augen in der Kurzpause geschont werden. Lesen oder der Blick auf Bildschirm, Smartphone etc. stellen für die Augen keine Erholung dar. Erholsam dagegen ist es, den Blick zur Abwechslung in die Ferne zu richten, idealerweise auf Blumen, Bäume etc.

Für Pausen sollte man nicht warten, bis man vor Erschöpfung nicht mehr kann. Denn dann ist es eigentlich schon zu spät. Vielmehr sollten Pausen direkt nach der Anstrengung oder spätestens bei den ersten Ermüdungszeichen gehalten werden. Ideal sind prophylaktische Pausen, bevor (körperliche) Ermüdungserscheinungen auftreten. Wer die Mittagspause einspart, ist dafür abends erschöpfter.

Bei statischer Arbeit ist die Intensität der Muskelanspannung nicht unbedingt ausschlaggebend für Beschwerden. Unabhängig von der Schwere der körperlichen Arbeit werden bestimmte Muskelfasern zuerst aktiviert. Diese bleiben dann bis zur vollständigen Entspannung des Muskels aktiv. Werden nicht genügend Kurzpausen eingelegt, kann es durch die Daueraktivität dieser motorischen Einheiten mit der Zeit zu einer Degeneration der Muskelfasern und damit zu Schmerzen kommen. Die Situation verschlimmert sich unter anderem dann weiter, wenn etwa durch Stress, schlechtes Arbeitsklima u. Ä. der Muskeltonus zusätzlich erhöht ist.


Abwechslung ist wichtig

  • Besser kürzere, aber dafür häufigere Pausen: Bei kognitiven Arbeiten sind 10 bis 15 Minuten alle zwei Stunden sinnvoll. Bei repetitiven Arbeiten (KassierIn, Fließband u. Ä.) sollte alle 30 Minuten zusätzlich eine Mikropause eingelegt werden. Die Bildschirmarbeitsverordnung sieht vor, dass jeweils nach 50 Minuten ununterbrochener Bildschirmarbeit eine Pause von mindestens 10 Minuten gehalten werden muss.
  • Dehnungs- und Lockerungsübungen am Schreibtisch, die Sitzposition zu ändern bzw. zur Abwechslung im Stehen zu arbeiten, all das erfordert wenig (Zeit-)Aufwand, bringt mittelfristig aber viel.
  • Besonders bei monotoner Arbeit bieten häufige (Mini-)Pausen die erforderliche Abwechslung, um die Monotonie zu unterbrechen. Lange Pausen haben hier weniger positive Auswirkungen als bei körperlicher Arbeit oder stressigen Kundenkontakten.
  • Bei körperlicher Arbeit sind nachmittags zum Teil längere Pausen sinnvoll.
  • Für den Erholungseffekt ist die Abwechslung entscheidend: Wer ständig mit Menschen arbeitet, wird sich vermutlich lieber kurz zurückziehen. Allerdings ist komplettes Nichtstun in der Regel wenig erholsam, denn meist bleiben dann die Gedanken beim Job.
  • Fixe Rituale helfen beim rechtzeitigen Pausieren, zum Beispiel eine Obstpause am Vormittag oder ein, zwei kleine Kaffeepausen am Nachmittag.
  • Die Mittagspause ist effektiver, wenn neben der Nahrungsaufnahme noch einer zusätzlichen Aktivität nachgegangen wird (Unterhaltung mit KollegInnen, Spaziergang etc.).

Sie fragen sich jetzt: Was sollen all diese übertriebenen Vorsichtsmaßnahmen, Arbeit macht schließlich auch Spaß und bringt Erfolgserlebnisse …? Stimmt, doch auch Tätigkeiten, die Spaß machen, können (auf Dauer) der Gesundheit schaden.

Good-Practice-Beispiele
Von einer guten Pausenkultur und den positiven Auswirkungen von Ruhezeiten müssen vor allem auch die Führungskräfte überzeugt sein. Dann sind Veränderungen im Sinne aller möglich. Hier vier Beispiele mit ganz unterschiedlichen Lösungsansätzen:

  • In einem großen Viersternehotel stellte das Arbeitsinspektorat Überschreitungen der zulässigen Tages- und Wochenarbeitszeit bei den Lehrlingen fest. Die Lösung: Statt der vorher üblichen händischen Stundenaufzeichnungen ermöglicht jetzt ein elektronisches Zeiterfassungssystem den Führungskräften einen besseren Überblick.
  • Beim Wiener Roten Kreuz gibt es im Kollektivvertrag eine Zusatzvereinbarung, die es ermöglicht, dass Rettungsdienst-MitarbeiterInnen, die erst nach 14.31 Uhr Mittagspause machen können, diese um 10 Minuten verlängern können.
  • Besonders für ältere ArbeitnehmerInnen können längere Freizeitblöcke dazu beitragen, die Arbeitskraft zu erhalten. Die Baumarkt-Kette Hornbach ging hier mit gutem Beispiel voran und führte in Österreich mit 1. Juli 2018 die sechste Urlaubswoche für alle ein, die seit mindestens einem Jahr im Unternehmen tätig sind. Davon profitieren rund 1.600 Beschäftigte.
  • Ein Produktionsbetrieb im ländlichen Raum errichtete rund um das Werk einen Spazierweg mit Hinweisschildern für Lockerungs- und Dehnungsübungen.
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