Gesunde Arbeit

Gesund aus der Arbeit nach Hause gehen

Arbeitsbedingte Erkrankungen können statistisch kaum erfasst werden. Über ihre Bedeutung hat „Gesunde Arbeit“ mit der Arbeitsmedizinerin Dr.in Brigitte Schigutt gesprochen. Sie ist seit über 30 Jahren Arbeitsmedizinerin und als Arbeitsinspektionsärztin für Salzburg und Oberösterreich tätig.
Arbeitsmedizinerin Dr.<sup>in</sup> Brigitte Schigutt: „Arbeitsbedingungen müssen so gestaltet werden, dass sie nicht krank machen.“
Arbeitsmedizinerin Brigitte Schigutt Arbeitsmedizinerin Dr.in Brigitte Schigutt: „Arbeitsbedingungen müssen so gestaltet werden, dass sie nicht krank machen.“

Mit welchen arbeitsbedingten Erkrankungen sind Sie in der Praxis häufig konfrontiert?
Arbeitsbedingte Erkrankungen des Stütz- und Bewegungsapparats stellen neben Erkrankungen der Atemwege oder von Herz und Kreislauf die wesentlichsten Krankheitsgruppen dar. Zu den größten Gefahren der modernen Arbeitswelt gehört aber mittlerweile die Überforderung durch Arbeitsverdichtung und hohes Arbeitstempo. Die Folgen: psychische Erkrankungen bzw. Phänomene wie Burn-out oder Depression. Körperliche und psychische Überlastungen können allerdings durch Senkung der körpereigenen Widerstandskraft zu fast jeder Erkrankung führen, angefangen vom Hautausschlag bis hin zum Herzinfarkt. Der Anteil der Arbeit daran ist unterschiedlich. Eine Reduktion der Belastungen ist jedenfalls notwendig und möglich.

Wie kann man die Zahl der arbeitsbedingten Erkrankungen senken?
Eine Statistik arbeitsbedingter Erkrankungen ist, wie erwähnt, kaum möglich. Trotzdem müssen Arbeitsbedingungen so gestaltet werden, dass sie nicht krank machen. Dazu braucht es Präventivfachkräfte, also Arbeitsmedizi¬nerInnen und Sicherheitsfachkräfte, die erkennen, wo die speziellen Belastungen liegen. Dazu natürlich ArbeitgeberInnen, die die nötigen Gegenmaßnahmen ergreifen. Am Ende des Tages liegt die Verantwortung bei den Unternehmen, die entsprechenden Unterweisungen effektiv an die Beschäftigten weiterzugeben.

Was muss sich beim Thema Berufskrankheit ändern, um den Belastungen der modernen Arbeitswelt begegnen zu können?
Im 21. Jahrhundert kann es nicht mehr Aufgabe des ArbeitnehmerInnenschutzes sein, bestimmte Erkrankungen zu entschädigen. „Berufskrankheiten“ sind ein historisches Konstrukt der Sozialversicherung. Sie sollten mithelfen, die gravierenden Auswirkungen bestimmter Erkrankungen – meist Vergiftungen – finanziell abzufedern. Heutzutage müssen krank machende Belastungen jedenfalls rechtzeitig erkannt und verhindert werden. Für eine moderne Prävention darf es keinen Unterschied machen, ob eine gesundheitliche Schädigung „anerkannt“ werden kann oder nicht.
Die meisten arbeitsbedingten Erkrankungen, und natürlich auch die Berufskrankheiten, entstehen durch zu hohe Belastungen und kündigen sich an. Ein genaues und fachkundiges Hinsehen vor allem durch die Arbeitsmedizin, die ja den Arbeitgeber bzw. die Arbeitgeberin beraten soll, ist unabdingbar. Zu einem frühen Zeitpunkt ist die Rückkehr zur vollen Gesundheit meist noch möglich.


Wie kann das Arbeitsinspektorat helfen, wenn der Verdacht einer arbeitsbedingten Erkrankung oder sogar einer Berufskrankheit besteht?
Die Aufgabe der Arbeitsinspektion ist es, belastende Bedingungen bzw. deren Evaluierung zu überprüfen und im Fall von Mängeln zur Behebung aufzufordern. Durch Kontrollen kann die Arbeitsinspektion – ressourcenabhängig – die Einhaltung der Maßnahmen sicherstellen. Die spezielle Herausforderung der Evaluierung psychischer Belastungen steckt immer noch in den Kinderschuhen. Beratung und Kontrolle werden im Hinblick auf die steigende Zahl überforderter Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit psychischen Erkrankungen Brennpunkte der Arbeitsinspektion sein.

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