Gesunde Arbeit

Good Practice hautnah

Einer der größten integrativen Betriebe Österreichs, die Team Styria Werkstätten GmbH, macht vor, wie ArbeitnehmerInnenschutz auch unter herausfordernden Bedingungen optimiert werden kann. Ein Besuch am Standort Kapfenberg.
Schweißer bei Team Styria profitieren von der Absauganlage mit Absaugschläuchen und umluftunabhängigen Schweißhelmen.
Einmal im Monat kommt die Arbeitsmedizinerin Dr.<sup>in</sup> Sabine Apoloner-Kurz nach Kapfenberg.
Bewegliche Absaugrüssel saugen den Schweißrauch ab.
Schweißer bei der Arbeit Schweißer bei Team Styria profitieren von der Absauganlage mit Absaugschläuchen und umluftunabhängigen Schweißhelmen.
Arbeitsmedizinerin misst Blutdruck bei Arbeiter Einmal im Monat kommt die Arbeitsmedizinerin Dr.in Sabine Apoloner-Kurz nach Kapfenberg.
Beweglicher Absaugrüssel Bewegliche Absaugrüssel saugen den Schweißrauch ab.

Seit Jahrzehnten ist Team Styria ein leistungsstarker Partner führender Unternehmen. Das Portfolio reicht von Nahversorgung in Form mehrerer Wohlfühlläden über Holzmanufaktur und E-Technik bis zur Metallfertigung, etwa für die Autozulieferindustrie. Am Standort Kapfenberg werden unter anderem Lkw-Katalysatoren hergestellt. Die meisten der rund 80 Beschäftigten arbeiten als Schweißer mit hochlegierten Stählen. Dabei entstehen Chrom(VI)-Verbindungen und Nickeloxid-Emissionen, die u. a. Lungenkrebs auslösen können, sowie schädliche Manganstäube.

„Im Jahr 2014 zeigten sich bei den obligatorischen Untersuchungen unserer Schweißer auffällig hohe Werte“, erzählt DI Dietmar Hammer, Sicherheitsfachkraft und Ausbildner. „Das haben wir damals zum Anlass für mehrere Veränderungen und Investitionen genommen. In Zusammenarbeit mit dem Arbeitsinspektorat, der AUVA und externen ExpertInnen ist es uns gelungen, innerhalb von drei Jahren messbare Erfolge zu erzielen.“


Moderne Absauganlage
Das Maßnahmenpaket setzte in mehreren Bereichen an: Eine große Werkshalle wurde mit einer Absauganlage nach dem neuesten Stand der Technik ausgestattet. In stark belasteten Bereichen verwenden die Schweißer außerdem umluftunabhängige Schweißhelme. Tatsächlich ist die Luftqualität in der neu adaptierten Halle auch für uns Laien erstaunlich angenehm. Es ist zwar laut, wie in einem metallverarbeitenden Betrieb zu erwarten, aber weder besonders heiß, noch riecht es nach Schweißrauch.

Zwischen all den funkensprühenden Schweißgeräten, Absaugrüsseln und großen Werkstücken bemerkt man erst auf den zweiten Blick kleine Kästchen mit Sichtfenstern an (fast) jedem Arbeitsplatz. Hier können Jausenbrote und Getränke vor Emissionen geschützt aufbewahrt werden. Die Schweißhelme werden in eigenen Taschen aufbewahrt, damit sie etwa in der Mittagspause nicht ungeschützt in der Werkshalle liegen.

Eine stationäre Absauganlage für sämtliche Tischlereimaschinen und zusätzliche mobile Absauganlagen für handgeführte Holzbearbeitungsmaschinen gibt es übrigens auch in der Holzwerkstatt, denn auch Holzstaub zählt zu den gesundheitsgefährdenden Stoffen. Er kann (meist in Kombination mit Klebern, Formaldehyd etc.) Hauterkrankungen, Allergien, Asthma und (Nasenschleimhaut-)Krebs verursachen. „Um die Staubbelastung zu reduzieren, werden die Hallenböden regelmäßig gereinigt, insbesondere in den Hallen mit Schweißarbeitsplätzen führen wir alle 14 Tage eine Nassreinigung durch“, erzählt Dietmar Hammer. „Wir haben außerdem zwei getrennte Spinde für unsere Beschäftigten eingeführt, einen für Privat- und einen für Arbeitskleidung. Für die verschmutzte Arbeitskleidung gibt es einen eigenen Abwurfschacht, um die Verschleppung von schädlichen Stoffen in den Alltag einzugrenzen.“


Regelmäßige Unterweisungen
Die besten Maßnahmen und Veränderungen wirken allerdings nur dann nachhaltig, wenn im Alltag Fehler und Nachlässigkeiten so weit wie möglich vermieden werden. „Mit einer Einschulung ist es nicht getan“, erzählt Werkmeister Manfred Höfler aus der Praxis. Regelmäßige halbjährliche Unterweisungen seien unerlässlich, damit Neuerungen zu Selbstverständlichkeiten werden. „Früher ist ein Großteil der Arbeiter ohne Duschen gleich in der Arbeitskleidung nach Hause gefahren. Heute wissen alle – auch unsere Leiharbeitskräfte –, dass sie ihr Jausensackerl nicht in der Werkshalle auspacken dürfen, dass sie vor dem Essen oder Trinken ihre Lippen abwischen oder abwaschen müssen und die Helme immer in der Tasche verstaut werden sollen. Außerdem haben wir unsere Kolleginnen und Kollegen auch gefragt, ob sie selbst Verbesserungen vorschlagen können, um die Situation zu entschärfen.“

Einmal im Monat kommt die Arbeitsmedizinerin Dr.in Sabine Apoloner-Kurz nach Kapfenberg. Heute sind gemeinsam mit einer Assistentin mehrere Untersuchungen geplant. Wer mit krebserzeugenden Arbeitsstoffen wie Schweißstaub in Kontakt kommt, muss einmal jährlich ärztlich untersucht werden. Sind die Werte auffällig, dann muss die nächste Untersuchung schon nach sechs Monaten stattfinden.

70 Prozent der insgesamt rund 400 Beschäftigten von Team Styria sind Menschen mit Einschränkungen. Einmal pro Woche ist daher eine Sozialarbeiterin vor Ort. Zum sogenannten fachbegleitenden Dienst, der im Übrigen von allen Team-Styria-Beschäftigten genutzt werden kann, zählt außerdem ein Psychologe. Die Zusammenarbeit mit diesem Team weiß Apoloner-Kurz sehr zu schätzen. „Ich bin seit 2014 für Team Styria tätig. Dass das Maßnahmenpaket sich so positiv auf die Untersuchungsergebnisse der Beschäftigten ausgewirkt hat, ist wirklich sehr erfreulich. Die Zahl der unauffälligen Untersuchungsergebnisse ist deutlich gestiegen.“ Gesundheitliche Probleme haben die Beschäftigten naturgemäß trotzdem, nicht nur weil manche auch körperliche Beeinträchtigungen haben. Vor allem gepaart mit Zigarettenrauchen kann es mit zunehmendem Alter oft zu Problemen kommen.


Akademie 4.0
Die Einstellungsgespräche für interessierte Jobsuchende finden immer in der Zentrale in Graz statt. Dort müssen zuerst jede Menge Fragen geklärt werden: Welche Beeinträchtigungen gibt es, auch bezüglich Heben und Tragen? Wie ist das Krankheitsbild? Wo liegen die Interessen der Jobsuchenden und wo können sie am besten eingesetzt werden? Gibt es noch Schulungsbedarf? „Viele Menschen mit Behinderungen möchten an einem Produktionsprozess mitarbeiten“, so Dietmar Hammer. „Die entsprechende Ausbildung haben sie aber meist nicht. Dafür wurde 1992 eine eigene Schulungseinrichtung gegründet, welche schließlich seit 2010 als Akademie geführt wird. Hier werden Lehrlinge ausgebildet, es gibt aber auch maßgeschneiderte Schulungsmöglichkeiten für Erwachsene.“ Mit Jahresbeginn 2019 wird Dietmar Hammer seine Tätigkeit als Sicherheitsfachkraft in Kapfenberg beenden und die Akademie 4.0 leiten. Von da an wird eine externe Sicherheitsfachkraft seine Agenden übernehmen, aufbauend auf eine durch den Vorgänger initiierte gute Ausgangssituation.

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