Gesunde Arbeit

„Tüchtig, aber süchtig“: AK-Tagung thematisiert Sucht in der Arbeitswelt

Forderung nach Ausbau der Prävention

Das Bier zum Durstlöschen auf der Baustelle ist längst Vergangenheit, im Umgang mit Sucht in der Arbeitswelt hat sich einiges verändert. Aber es gibt noch zahlreiche (neue) Herausforderungen: der Missbrauch illegaler Substanzen und leistungssteigernder Medikamente etwa. Und vor allem die Frage: Was haben Arbeitsbedingungen mit Suchtverhalten zu tun?

Die AK thematisierte bei einer Fachtagung am 17. Juni 2019 zusammen mit dem Bestseller-Autor Univ.-Prof. Dr. Reinhard Haller den Umgang mit Sucht im Job. AK-Präsident Dr. Johann Kalliauer forderte: „Die Prävention in der Arbeitswelt muss ausgebaut, der Leistungsdruck gesenkt werdene.“

Beim Thema Alkohol hat sich in den letzten Jahren viel geändert. Galt früher der Dienstantritt mit Restalkohol als Kavaliersdelikt und gehörte das „Jausenbier“ beinahe zum guten Ton, ist dies heute in den meisten Betrieben kaum noch vorstellbar – auch im Hinblick auf Unfallgefahren, nachlassende Konzentration, Haftungen, Umgang mit gefährlichen Stoffen oder Maschinen. In vielen Betrieben gilt „null Promille“.

Aber es tun sich neue Problemfelder auf: Um der permanenten Höher-Schneller-Weiter-Mentalität der Wirtschaft noch folgen zu können, greifen Beschäftigte immer öfter zu leistungssteigernden Substanzen. Doping für das Gehirn, auch als Neuroenhancement bezeichnet, ist eine tragische Folge des permanent steigenden Leistungsdrucks. Im Gegensatz zu anderen Suchterkrankten erscheinen die Betroffenen lange als besonders leistungsfähig, was eine Früherkennung erschwert.

Arbeitsbedingungen als wesentlicher Faktor
Überlange Arbeitszeiten, Stress, Angst vor Jobverlust oder steigender Leistungsdruck können die Entwicklung von Süchten begünstigen oder bestehende Süchte verstärken. Laut Arbeitsgesundheitsmonitor der AK Oberösterreich fühlen sich Beschäftigte besonders durch Zeitdruck belastet. Das ist vor allem der Fall, wenn die Arbeitszeit mehr als 40 Stunden pro Woche beträgt. Stabilisierend können hingegen wertschätzender Umgang, angemessene Arbeitsbelastung und Arbeitsplatzsicherheit wirken. AK-Präsident Kalliauer: „Die Einflussfaktoren auf Sucht sind vielfältig und vieles kann im privaten Bereich liegen. Betriebliche Akteure sollten sich aber auch ganz genau die Arbeitsbedingungen anschauen. Denn Stress, hohe Verantwortung, einseitige Tätigkeit und Arbeitsdruck können sich nicht nur gesundheitlich negativ auswirken, sondern sogar zu Sucht führen.“

Es kann nicht oft genug darauf hingewiesen werden, dass die Arbeitgeber die gesetzliche Fürsorgepflicht für ihre MitarbeiterInnen haben. Deshalb sind sie verpflichtet, für gute und ordentliche Arbeitsbedingungen zu sorgen. „Wenn Beschäftigte zu leistungssteigernden Substanzen greifen müssen, um dem Druck im Job noch folgen zu können, ist es mit der Erfüllung der gesetzlichen Fürsorgepflicht nicht weit her“, kritisiert Kalliauer.

Aus Sicht der Arbeiterkammer muss der Präventionsgedanke in den Betrieben weiter forciert werden. Dazu bietet sich die gesetzlich vorgeschriebene Evaluierung psychischer Belastungen an, die in den meisten Betrieben mittlerweile durchgeführt wurde. „Was aber die Umsetzung von zielführenden, entlastenden Maßnahmen betrifft, gibt es in vielen Unter-nehmen noch viel Luft nach oben“, so Präsident Kalliauer.

Reinhard Haller: „Sucht eines Menschen zieht zehn weitere in Mitleidenschaft“
In den letzten Jahren sind die Drogengebrauchsmuster anders geworden. Heroin ist in den Hintergrund getreten. Cannabis hat sich als Volksdroge etabliert. Der Pro-Kopf-Verbrauch von Alkohol hat sich auf einem hohen Niveau eingependelt. Eine nicht geahnte Renaissance erleben die medikamentösen Suchtmittel und die sogenannten Designerdrogen beherrschen die Szene. Nach der digitalen Revolution sind aber auch Verhaltenssüchte wie Internet-, Online-, Handy- oder Spielsucht in den Vordergrund getreten.

Neben dem persönlichen Leid der Betroffenen, gibt es auch eine volkswirtschaftliche Dimension von Sucht. Univ.-Prof. Dr. Reinhard Haller nennt ein Beispiel: „Die Kosten für eine Alkoholentwöhnungskur betragen etwa 15.000 Euro. Eine Lebertransplantation kostet hingegen etwa 200.000 Euro!“ Und auch das Umfeld des/der Suchtkranken ist betroffen: „Durch die Sucht werden etwa zehn weitere Personen in Mitleidenschaft gezogen.“ Die sogenannte Co-Abhängigkeit umfasst sowohl Familienmitglieder als auch das unmittelbare Arbeitsumfeld.

Detaillierte Informationen zu den Inhalten dieser Aussendung finden Sie unter ooe.arbeiterkammer.at.

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