Gesunde Arbeit

(Sich) Gut organisieren!

Die Corona-Krise hat das öffentliche Leben und auch die Arbeitswelt massiv verändert. Aus Sicht des ArbeitnehmerInnenschutzes ergeben sich dadurch zwei gravierende Probleme. Und ein Aufgabenfeld für die Interessenvertretung.
Zusammenarbeit ist das Gebot der Stunde.
Symbolbild mit Puzzlesteinen und Händen Zusammenarbeit ist das Gebot der Stunde.

Gemäß den Vorgaben des Sozialministeriums müssen sämtliche Tätigkeiten im Hinblick auf die damit verbundene potenzielle Infektionsgefahr evaluiert werden. Der/Die ArbeitgeberIn hat die Verantwortung, den kompletten Arbeitsablauf hinsichtlich Infektionsrisiken zu prüfen und entsprechende Maßnahmen zur Minimierung des Risikos zu setzen. Seitens der Arbeitsinspektion wird neben einer guten Händedesinfektion und der Nies- und Hustenetikette die Einhaltung eines Mindestabstands als wichtigste Maßnahme genannt. Dementsprechend gilt: Wenn ein solcher Mindestabstand nicht eingehalten werden kann, dann müssen anderweitige technische, organisatorische oder personenbezogene Maßnahmen getroffen werden. Dazu zählen beispielsweise die Zugangsbeschränkungen für KundInnen wie Beschäftigte, das Einrichten von „Diskretionszonen“ sowie auch bauliche Maßnahmen, wie etwa die Plexiglasscheiben an der Kassa im Supermarkt.

Zusammenarbeit ist das Gebot der Stunde
Bei der Gefahrenermittlung sind die Präventivfachkräfte genauso einzubinden wie die betriebliche Interessenvertretung. Will man die Evaluierung in einer Situation wie der bestehenden Gesundheitskrise entsprechend ernst nehmen, führt am laut ArbeitnehmerInnenschutzgesetz formulierten Zusammenarbeitsgebot kein Weg vorbei. Die Einbindung der Belegschaft in puncto Infektionsgefahr beginnt bei der Information und Unterweisung der ArbeitnehmerInnen und setzt sich bei den Verhaltensregeln (wie der Nies- und Hustenetikette) fort – darf aber nicht hier aufhören. Für BetriebsrätInnen und Sicherheitsvertrauenspersonen gilt, dass sie ihre Erfahrungen und die Erfahrungen der Belegschaft einbringen können und sollen. Darunter fällt nicht nur Feedback hinsichtlich der Sinnhaftigkeit und Umsetzbarkeit von Schutzmaßnahmen, sondern dazu gehören auch die Sorgen und Ängste der Belegschaft. Diese müssen unbedingt ernst genommen werden.

Viele sind verunsichert
Zusammenarbeit und umfassende Information können nicht stark genug betont werden, zeigt doch die Beratungspraxis der letzten Wochen deutlich, dass viele Beschäftigte verunsichert sind. Hunderte besorgte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer haben sich bei der Arbeiterkammer Salzburg gemeldet, da in ihren Arbeitsbereichen keinerlei oder nur unzureichende Schutzmaßnahmen getroffen wurden. Noch stärker als sonst gilt es für Sicherheitsvertrauenspersonen und BetriebsrätInnen, auf besonders schutzbedürftige Kolleginnen und Kollegen zu achten und im Betrieb darauf aufmerksam zu machen, dass Beschäftigte sogenannter Risikogruppen (Menschen, die immunsupprimiert sind, Vorerkrankungen haben, wie z. B. Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes mellitus, Menschen mit Krebserkrankungen etc., Schwangere und Personen, die älter als 60 Jahre sind) in nicht exponierten Bereichen einzusetzen oder vom Dienst freizustellen. Das ist gegenüber dem/der ArbeitgeberIn – wenn nötig auch mit Vehemenz – zu vertreten.

Zur Not selbst organisieren?
Das Gebot der guten Organisation des ArbeitnehmerInnenschutzes im Betrieb vermag angesichts der aktuellen Gesundheitskrise zur Notwendigkeit der Selbstorganisation der Belegschaft werden. Und zwar überall dort, wo der Schutz der Beschäftigten schlichtweg nicht gewährleistet wird. Beispiele aus Italien und Spanien zeigen die Dramatik der Lage. In Norditalien etwa haben sich Beschäftigte in den Fabriken selbst organisiert, gegen eine Weiterführung der Produktion spontan gestreikt und damit mitunter die offizielle Entscheidung Italiens zur Schließung der Betriebe vorweggenommen. Auch die Beschäftigten des Mercedes-Werks im baskischen Vitoria-Gasteiz haben die Produktion gestoppt. ArbeitnehmerInnenschutz – und das gilt aktuell mehr denn je – darf nicht den Profitinteressen von Unternehmen untergeordnet werden. ArbeitnehmerInnenschutz, nicht „nach Möglichkeit“ (das heißt, solange er den wirtschaftlichen Interessen des Betriebs nicht widerspricht), sondern als Notwendigkeit.

Arbeiten nur, wo es notwendig ist
Aus arbeitnehmerInnenschutzrechtlicher Sicht macht es dabei keinen Sinn, zwar Restaurants, Bars und Schulen zu schließen, nicht aber Produktions- und Lagerhallen. Selbstverständlich sind alle für die Versorgung und die Gesundheit der Menschen notwendigen Tätigkeiten auszuführen. Gleichzeitig gilt jedoch, dass die Gesundheit der Menschen, ob als PassantIn, LehrerIn, SchülerIn, KassiererIn oder ProduktionsarbeiterIn, geschützt werden muss. ArbeitnehmerInnenschutz, der sich und seinen Anspruch ernst nimmt, fordert konsequent, dass sämtliche Arbeiten, die nicht zur Grundversorgung und Betreuung, zur Sicherstellung eines sozialen „Notbetriebs“ (der angesichts der massiven gesellschaftlichen Einschränkungen nicht geleugnet werden kann) notwendig sind, eingestellt werden. Das einzufordern ist Aufgabe der Interessenvertretung der Beschäftigten.

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