Gesunde Arbeit

AK-/WU-Studie Paketzustellung: „Horrende Ergebnisse“ über Arbeitsbedingungen decken sich mit Gewerkschaftserfahrungen

vida-Delfs fordert Versenderhaftung und digitale Lenkzeitaufzeichnung für Klein-Lkw unter 3,5 Tonnen: „Sonst dreht sich das Ausbeuterkarussell weiter.“

Die „horrenden Ergebnisse“ der heute von der AK Wien präsentierten Studie der Wirtschaftsuniversität Wien – „Systemrelevant, aber unsichtbar: Arbeitsbedingungen migrantischer und geflüchteter Amazon-ZustellerInnen während der COVID-19-Pandemie“ –, dass die Amazon-PaketzustellerInnen unter menschenunwürdigen Arbeitsbedingungen leiden, decken sich leider auch mit den jahrelangen Wahrnehmungen und Erfahrungen der Gewerkschaft vida im Bereich der Paketzustellung im Kleintransportgewerbe, sagt Karl Delfs, Bundessekretär des Fachbereichs Straße in der Gewerkschaft vida.

„Damit sich an den von den Betroffenen in der Studie genannten unhaltbaren Zuständen wie das Leisten auch von unbezahlter Arbeit unter enormem Zeitdruck, das Fehlen von Beschwerdemöglichkeiten sowie das beklemmende Gefühl, ständig überwacht zu werden, endlich etwas ändern kann, muss – wie von uns seit Jahren gefordert – an erster Stelle per Gesetz Transparenz in die nebulösen Strukturen der eigentlichen Auftraggeber und ihrer Subunternehmer gebracht werden“, fordert der vida-Gewerkschafter eine Haftung für die Versender von Paketen wie etwa Amazon. „Ohne eine gesetzliche Versenderhaftung können Dumpingpreise im Hintergrund und ohne Verantwortung weiter von Konzernen diktiert werden und das Ausbeuterkarussell kann sich weiterdrehen“, nimmt Delfs die Bundesregierung in die Pflicht, hier endlich mit einer Gesetzesinitiative einen Riegel vorzuschieben.

Als weitere Maßnahme gegen die Ausbeutung im Kleintransportbereich fordert Delfs zur Eindämmung der enormen Lenk- und Arbeitszeiten, dass wie bei den Lkw und Bussen auch in gewerblich genutzten Kleintransportern unter 3,5 Tonnen ein digitales Kontrollgerät zu Aufzeichnung von Lenkzeiten eingebaut werden muss. Österreich könnte hier schon jetzt Schutzmaßnahmen für die Beschäftigten ergreifen und mit gutem Beispiel vorangehen, so Delfs weiter. Denn auf europäischer Ebene sei bereits gesetzlich geregelt, dass im grenzüberschreitenden Verkehr die Tonnagen für derartige Kleintransporter ab 1. Juli 2026 von 3,5 auf 2,5 Tonnen reduziert werden. „Das heißt, ab diesem Zeitpunkt ist in Kleintransportern ab 2,5 Tonnen höchstzulässiges Gesamtgewicht eine Lenkzeitaufzeichnung zwingend vorgeschrieben.“

Zur Kontrolle von Sozialbetrug und Scheinselbständigkeit sei zudem dringend eine personelle Aufstockung der Finanzpolizei notwendig, so der vida-Gewerkschafter. „Denn die Kontrollen durch das Arbeitsinspektorat erfassen nur die regulären Beschäftigungsverhältnisse und solche sind bei einer derart hohen Anzahl an Scheinselbständigkeit in dieser Branche nur sporadisch vorhanden“, begründet Delfs seine Forderung. Jeder Finanzpolizist mehr spüle durch seine Kontrolltätigkeit das fünffache seines Jahresgehalts an Einnahmen für das Finanzamt und die Sozialversicherung herein. „Es ist mir daher unerklärlich, warum das Finanzministerium in seiner Behörde keine Personalaufstockung vornehmen will“, so der vida-Gewerkschafter.

Die Anmerkungen in der AK-WU-Studie, wonach es sich tendenziell, wenn nur ein Auftraggeber vorhanden ist, um Scheinselbstständigkeit handelt, seien richtig: „Das zieht auch immer stärker in die richterliche Spruchpraxis zur Feststellung von Scheinselbstständigkeit ein“, betont Delfs, dass die Gewerkschaft vida zusammen mit der AK Betroffene bei der Durchsetzung ihrer Rechte unterstütze und man für die Anliegen und gewerkschaftliche Organisation der Paketzusteller – egal ob scheinselbständig oder in einem regulären Beschäftigungsverhältnis – jederzeit ein offenes Ohr hat.

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