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Kleine Änderungen haben große Wirkung

Sicherheit am Arbeitsplatz ist kein Selbstläufer. Dreißig Jahre lang hat Anna Ritzberger-Moser dafür gesorgt, dass Regeln nicht nur auf dem Papier stehen. Im Interview blickt die ehemalige Leiterin der Sektion Arbeitsrecht und Zentral-Arbeitsinspektorat auf stille Erfolge, wirksame Kontrolle und auf jene Menschen, die im Arbeitsleben oft übersehen werden.

Anna Ritzberger-Moser war über 30 Jahre lang Leiterin der Sektion Arbeitsrecht und des Zentral-Arbeitsinspektorats im Sozialministerium. Zum Abschied blickt sie auf ein Berufsleben im Dienst von Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz zurück. Markus Zahradnik

Gesunde Arbeit: Sie haben mehr als 30 Jahre die zentrale Arbeitsinspektion geleitet. Was konnten Sie erreichen?
Anna Ritzberger-Moser: Die Arbeitssicherheit hat sich deutlich verbessert, die Zahl der Unfälle sinkt. Wir haben die Zusammenarbeit mit der AUVA und anderen wichtigen nationalen und regionalen Akteur:innen im Rahmen der österreichischen ArbeitnehmerInnenschutzstrategie ausgebaut. Durch intensive Vernetzung haben wir Bewusstsein und ein gemeinsames Verständnis von Arbeitnehmer:innenschutz entwickelt und Ziele definiert.

Was hat im Arbeitnehmer:innenschutz derzeit Priorität?
Der Umgang mit großer Hitze am Arbeitsplatz beschäftigt uns seit Jahren. Der heurige, heiße Sommer hat gezeigt, wie belastend schwere körperliche Arbeit unter derartigen Bedingungen ist. Die Arbeitsinspektorate prüfen bei Kontrollen sehr genau, welche Vorkehrungen Betriebe treffen, um Beschäftigte zu schützen. Hitze stellt eine Gefahr am Arbeitsplatz dar, vermehrte Pausen, Beschattungen und Getränke können Abhilfe schaffen. Rechtlich bindende Regelungen werden derzeit im Rahmen einer Hitzeschutzverordnung erarbeitet.

Wessen Schutz liegt Ihnen besonders am Herzen?
Ich habe mich immer bemüht, den Fokus auf jene zu legen, die in der Arbeitswelt oft übersehen werden, sowie die Situation derer zu verbessern, die unter prekären Bedingungen ihr Einkommen erwirtschaften müssen. Die Arbeitsinspektion hat 2024 die Situation der Paket- und Botendienste ins Visier genommen. Manchmal führen kleine Änderungen zu einer spürbaren Verbesserung, wie die Empfehlung, schwere Lasten nicht auf dem Rücken, sondern in Satteltaschen zu verstauen.

Warum richtet der Gesundheitsschutz den Blick nicht nur auf klassische Berufskrankheiten, sondern auch auf arbeitsbedingte Erkrankungen und deren Prävention?
Wir beurteilen, wie Arbeitsbedingungen auf Menschen einwirken. Dort, wo es einen hohen Anteil an arbeitsbedingten Muskel- und Skeletterkrankungen oder Krebs gibt, setzen wir bei den Arbeitsvorgängen oder Stoffen und dem Umgang damit an. Auch durch rückenschonendes Heben oder technische Unterstützung lassen sich gute Verbesserungen erzielen.

Und psychische Belastungen?
Psychische Belastungen sind schwerer ursächlich zuordenbar, weil jeder Mensch auf Druck oder Überbelastung unterschiedlich reagiert und die Auslöser schwieriger messbar sind. Die Arbeitgeber:innen haben die gesetzliche Verpflichtung zur Evaluierung psychischer Belastungen. Dies wird von den Arbeitsinspektor:innen kontrolliert, an allen Arbeitsplätzen. Es geht darum, geeignete Maßnahmen zu entwickeln und umzusetzen, um psychische Fehlbelastungen wie Stress zu reduzieren.

Was sind die Herausforderungen der Zukunft?
Die Arbeitsbedingungen neuer Beschäftigungsformen, Überwachung und Steuerung durch KI sowie der Schutz vor Gewalt und Belästigung am Arbeitsplatz werden uns weiter beschäftigen.

Ich habe mich immer bemüht, den Fokus auf jene zu legen, die in der Arbeitswelt oft übersehen werden.
Anna Ritzberger-Moser

 

Magazin Gesunde Arbeit 3/2025, Stamm-Ausgabe