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Neue Technologien: Herausforderung für die Ergonomie

Neue Technologien, wie z. B. durch künstliche Intelligenz gesteuerte Maschinen, stellen die Ergonomie vor neue Herausforderungen. Sie sollten daher so gestaltet werden, dass sie sowohl die Gesundheit der Arbeitnehmer:innen schützen als auch den Anforderungen der komplexen Arbeitswelt gerecht werden.

Dr. Norbert Huchler: „KI-gesteuerte Maschinen bergen neue Risiken.“ Photogenika

Warum ist Ergonomie im Zusammenhang mit Maschinen heute so wichtig? Die Arbeitswelt hat sich in den letzten Jahren erheblich verändert und ist zunehmend komplexer geworden. Diese Entwicklung hat auch die Belastungen und Gefährdungen verändert. „Die Maschinen werden anspruchsvoller und interaktiver“, so Dr. Huchler, „und sie verfügen zunehmend über digitale Schnittstellen.“ Besonders in der Robotik zeigt sich ein Wandel: Roboter verlassen die sicheren Käfige und agieren kollaborativ und variabel. Diese Variabilität wird selbstverständlich auch von den Arbeitnehmer:innen erwartet und bringt eine Zunahme psychischer Belastungen mit sich.

KI kann Reaktionen ändern

Maschinen, die mit künstlicher Intelligenz (KI) gesteuert werden, stellen eine besondere Herausforderung dar. Früher waren Maschinen deterministisch gesteuert, was bedeutet, dass sie bei gleicher Bedienung immer gleich reagierten. KI-gesteuerte Maschinen hingegen agieren auf Basis angelernten Wissens und können ihre Reaktionen ändern, obwohl die Bedienung gleich bleibt. „Eine solche Maschine birgt erweiterte Risiken“, erklärt Huchler.

Auch für das Design sozialer Robotik oder von Maschinen, die kommunikativ Führungsaufgaben übernehmen, braucht es vereinbarte Leitplanken, wenn zum Beispiel „emotionssensible“ Roboter Müdigkeit erkennen und darauf reagieren. Zugespitzt formuliert Huchler: „Wir würden nicht wollen, dass Maschinen Arbeitnehmer:innen ‚anschreien‘, wenn sie mit deren Arbeitsleistung unzufrieden sind.“

Diese Entwicklungen erfordern einen interdisziplinären Ansatz der Ergonomie. Neben der physischen Dimension der Arbeit rücken nun auch psychische und soziale Aspekte in den Fokus. Die Gestaltung von Maschinen muss so erfolgen, dass sie sowohl die Gesundheit der Arbeitnehmer:innen schützt, als auch den Anforderungen der komplexen Arbeitswelt gerecht wird.

Die Rolle der Normung

Die Standardisierung spielt eine entscheidende Rolle bei der Ergonomie. „Am wichtigsten ist, dass Normen wichtige Standards zum Schutz der physischen und psychischen Gesundheit setzen“, so Huchler. Sie schaffen zudem Sicherheit für Unternehmen, indem sie klare Anforderungen definieren. Dr. Huchler sieht in der Norm EN 614 eine wertvolle Grundlage. Diese Norm kann Leitplanken für die ergonomische Gestaltung setzen und dabei helfen, neue Technologien sicher und gesundheitsförderlich in die Arbeitswelt zu integrieren.

 

Dieser Artikel entstand auf Basis eines Gesprächs mit Dr. Norbert Huchler, Arbeitssoziologe und Vorstandsmitglied am ISF München. Er forscht und arbeitet an diversen Forschungs- und Entwicklungsprojekten zum Thema Arbeit. Zudem engagiert er sich im Auftrag des Europäischen Gewerkschaftsbundes an der Weiterentwicklung der EN 614, einer zentralen Norm zur Erfüllung ergonomischer Anforderungen an Maschinen.

Magazin Gesunde Arbeit 1/2025, Stamm-Ausgabe