Besser nicht krank in die Arbeit
Naht der Winter, treten vermehrt Erkältungskrankheiten auf. Soll man dann trotzdem krank in die Arbeit gehen? Davor kann nur abgeraten werden. Präsentismus schadet der Gesundheit.
Wer trotz Krankheit arbeitet (Präsentismus), gefährdet die eigene Gesundheit, riskiert die Gesundheit seiner KollegInnen und ist weniger leistungsfähig. Darüber hinaus steigt die Fehlerhäufigkeit. Die Produktivität sinkt.
Risikofaktoren
Etwa 40 Prozent der Beschäftigten gehen krank in die Arbeit – oft sogar gegen den Rat ihres Arztes/ihrer Ärztin. Studien zeigen, dass Präsentismus das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Burn-out erhöht. Auch der Zusammenhang mit späterem krankheitsbedingten Fernbleiben von der Arbeit ist nachweisbar. ArbeitnehmerInnen, die krank arbeiten gehen, riskieren einen späteren, oft erheblich längeren Ausfall. Hansen und Andersen (2009) zeigten, dass Beschäftigte, die in einem Jahr mehr als sechsmal krank arbeiten gegangen waren, im Jahr darauf ein 74 Prozent höheres Risiko hatten, mehr als zwei Monate auszufallen. Auch die Gefahr chronischer Erkrankungen steigt und erhöht das Risiko einer Langzeit-Arbeitsunfähigkeit.
Präsentismus schadet auch dem Betrieb. Die Arbeitsqualität sinkt aufgrund reduzierter Arbeitsfähigkeit. Fehleranfälligkeit sowie -häufigkeit und die Anzahl der Arbeitsunfälle steigen hingegen und verursachen zusätzliche Kosten. Die Kosten durch Präsentismus liegen deutlich (doppelt bis mehrfach) über jenen, die als Folge von Krankmeldungen entstehen.
Krankes Pflichtgefühl
Was sind die Gründe für diese gesundheitliche Selbstausbeutung des „Krank-Arbeitens“? Fragt man betroffene Beschäftigte, führen diese vor allem das Pflichtgefühl gegenüber ihrem/ihrer ArbeitgeberIn und die Solidarität mit KollegInnen an. Die Angst vor Arbeitsplatzverlust, lange Arbeitszeiten, Schichtarbeit, mangelnde Arbeitsorganisation, Unternehmens- und Führungskultur, Zeitdruck und der Umgang mit Fehlzeiten spielen ebenfalls eine hervorstechende Rolle. Vielfach ist es die Angst vor negativen beruflichen Folgen, aufgrund derer sich viele Beschäftigte nicht mehr trauen, in den notwendigen Krankenstand zu gehen. Eine hohe Anwesenheitsrate ist heute kein Garant mehr für den guten Gesundheitszustand der Beschäftigten bzw. des Unternehmens.
Was tun?
Arbeitswissenschaftlich gut belegt ist: Je besser die Arbeitsbedingungen sind, desto seltener gehen die Beschäftigten krank zur Arbeit. Umgekehrt gilt: Je problematischer die Arbeitsbedingungen sind, desto mehr scheuen ArbeitnehmerInnen davor zurück, sich krank zu melden. Investitionen in gesunde Arbeitsbedingungen lohnen sich. Das rechnet sich für den Betrieb. Grundlage ist eine achtsame Unternehmenskultur, in der das Management für Präsentismus und dessen Folgen sensibilisiert ist. Da ist der/die ChefIn gelebtes Vorbild und „darf“ auch mal krank sein.
Magazin Gesunde Arbeit 4/2018