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Arbeiten bei Kälte: Frieren ist kein Berufsrisiko

Bei fallenden Temperaturen sind viele Beschäftigte wieder verstärkt Kälte, Nässe und Wind ausgesetzt. Das ist nicht nur unangenehm, sondern schränkt auch die Arbeitsfähigkeit ein, belastet das Immunsystem und gefährdet die Gesundheit. Betriebe sind daher verpflichtet, Beschäftigte mit wirksamen Maßnahmen vor Kälte zu schützen.

Removing snow from the sidewalk after snowstorm. A road worker with a shovel in his hands and in special clothes cleans the sidewalk and the road from snow. Snowstorm and hurricane in the city. AdobeStock / Pokoman

 

Kältearbeit betrifft weit mehr Berufsgruppen, als man denkt: Betroffen sind Arbeitnehmer:innen, die regelmäßig im Freien arbeiten, wie etwa am Bau, bei Streudiensten oder auf der Montage, und somit Kälte oder ständigen Temperaturwechseln ausgesetzt sind. Aber auch indoor gibt es Kältearbeitsplätze: zum Beispiel in Kühlhäusern, großen Lagerhallen oder zugigen Werkstätten. Arbeitgeber:innen sind in jedem Bereich dazu verpflichtet, Gesundheitsgefahren durch Kälte zu minimieren und geeignete Schutzmaßnahmen zu treffen – angefangen von technischen und organisatorischen Lösungen bis hin zur Ausstattung mit Kältekleidung wie Jacken, Handschuhen und Co.

Das Wichtigste in Kürze

  • Gesundheitsrisiken bei Kälte: Kältearbeit beeinträchtigt die Arbeitsfähigkeit, steigert das Risiko für Erfrierungen und Atemwegserkrankungen.
  • Pflicht zum Kälteschutz: Arbeitgeber:innen müssen Kälteschutzkleidung, Aufwärmpausen und beheizte Pausenräume sicherstellen.
  • Temperaturvorgaben: In Innenräumen sind Mindesttemperaturen von +12°C bis +25°C vorgeschrieben, im Freien muss bei Kälte schnell reagiert werden.
  • Arbeitsplatzevaluierung: Betriebe müssen Kältegefahren evaluieren und Maßnahmen nach dem TOP-Prinzip (technisch, organisatorisch, persönlich) ergreifen.
  • Geeignete Kälteschutzkleidung: Kälteschutzkleidung muss praktisch und den Vorgaben entsprechend ausgewählt werden – mit Beratung und Einbeziehung der Beschäftigten.

Warum Kälte gefährlich ist

Denn wer bei klirrender Kälte im Freien oder bei zu niedrigen Temperaturen in Innenräumen arbeitet, riskiert nicht nur eine laufende Nase, sondern gesundheitliche Schäden. Kältearbeit ohne entsprechende Schutzausrüstung würde etwa dafür sorgen, dass bereits nach kurzer Zeit die Finger steif werden und selbst einfache Tätigkeiten schwerer fallen. Die Muskeln verspannen, jede Bewegung kostet mehr Kraft, die Konzentration lässt nach – und schon passieren Fehler oder Unfälle. Mit der Dauer des Frierens nehmen Gereiztheit, Müdigkeit und Erschöpfung zu. Auch die Wahrscheinlichkeit für Erkältungs- und Atemwegserkrankungen steigt. „Alle Menschen haben eine Wohlfühltemperatur, die ein Optimum an Leistungsfähigkeit und Gesundheit sicherstellt. Wenn die Körperkerntemperatur zu weit absinkt, dann drohen Erkrankungen, Verletzungen und mitunter sogar schwere Unterkühlungen und Erfrierungen“, weiß AK-Experte und Sicherheitsfachkraft Harald Bruckner.

Kälteschutz vorausschauend planen

Ob im Büro, im Kühllager oder outdoor: Ist es zu kalt, sind die Arbeitgeber:innen im Rahmen der Fürsorgepflicht verpflichtet, wirksame Schutzmaßnahmen zu ergreifen. Je extremer die Temperaturbelastungen sind und je stärker Arbeitnehmer:innen Temperaturschwankungen ausgesetzt sind, umso mehr und umso bessere Maßnahmen sind gefragt. Um optimal auf die kalte Jahreszeit vorbereitet zu sein, sollten Betriebe den Kälteschutz unbedingt vorausschauend planen.

Was gilt bei welchen Temperaturen?

Ab welchen Temperaturen ist es eigentlich zu kalt zum Arbeiten? „Diese Frage zählt zu den häufigsten in Beratungen, denn natürlich haben alle Menschen ein unterschiedliches Kälteempfinden, und niemand möchte krank werden oder frieren“, so AK-Experte Harald Bruckner.

Unterschieden wird grundsätzlich zwischen Arbeiten im Freien und Arbeiten in Innenräumen. Im Freien sind keine bestimmten Temperaturgrenzen festgelegt. Allerdings sind Arbeitgeber:innen verpflichtet, Schutzmaßnahmen zu ergreifen, sobald die Gesundheit durch Kälte gefährdet ist. Dazu gehören zum Beispiel geeignete winter- und wetterfeste Kleidung, Aufwärmpausen, beheizte Aufenthaltsräume und witterungsangepasste Arbeitszeiten.

In Innenräumen gelten folgende Richtwerte: 

  • Bei geringer körperlicher Belastung zwischen +19 und +25 °C
  • Bei normaler körperlicher Belastung zwischen +18 und +24 °C
  • Bei hoher körperlicher Belastung mindestens +12 °C

Arbeitgeber:innen müssen dafür sorgen, dass diese in der Arbeitsstättenverordnung festgelegten Mindesttemperaturen erreicht werden.

Bei Mischvarianten sind Arbeitnehmer:innen oft häufigen Temperaturwechseln ausgesetzt. Unter Umständen müssen auch Übergänge besonders berücksichtigt werden, die Wechselintervalle sollten möglichst kurz und die Pausenräume müssen beheizt sein. In Bereichen wie Kühlhäusern können Temperaturen und Aufenthaltsdauer gut gesteuert werden. Ebenso sind Betriebe, die ganzjährig im Freien arbeiten, meist auf den Winter vorbereitet. Die größten Herausforderungen sieht AK-Experte Bruckner bei Tätigkeiten, die nur tageweise draußen stattfinden, etwa bei Instandhaltungsarbeiten. Auch hier müssen Betriebe für geeigneten Kälteschutz sorgen.

Am Anfang steht immer die Arbeitsplatzevaluierung

Um Beschäftigte wirksam zu schützen, ist eine Arbeitsplatzevaluierung unverzichtbar – diese kann gemeinsam mit Sicherheitsfachkräften, Arbeitsmediziner:innen und Arbeitnehmervertretung durchgeführt werden. Gibt es im Betrieb eine Sicherheitsvertrauensperson (SVP), sollte auch diese mit eingebunden werden. Kleinere Betriebe unterstützt außerdem AUVAsicher mit speziellen Beratungsangeboten.

Im Rahmen der Arbeitsplatzevaluierung werden Gefahren durch niedrige Temperaturen erkannt und geeignete Maßnahmen festgelegt. Diese folgen dem TOP-Prinzip:

  • Technisch: beheizte Arbeitsräume oder Arbeitsplätze 
  • Organisatorisch: Aufwärmpausen, warme Getränke, angepasste Arbeitszeiten
  • Persönlich: Kälteschutzkleidung (Jacke, Handschuhe, Schuhe, Haube, Brille, Unterwäsche)

Die optimale Kälteschutzausrüstung gibt es

Auch bei der Auswahl der persönlichen Schutzausrüstung (PSA), die Kälteschutzkleidung einschließt, rät AK-Experte Bruckner, Betriebsrat oder Sicherheitsvertrauensperson zurate zu ziehen: Denn Kälteschutzkleidung muss nicht nur qualitativ den Vorgaben entsprechen, sondern soll überdies praxistauglich sein. Eine Beratung durch fachkundige Personen hilft somit auch den Betrieben, in optimale und langlebige Ausrüstung zu investieren.


Wichtig ist außerdem die Akzeptanz und eine gute interne Abstimmung: Wer die Kleidung täglich tragen muss, sollte in die Auswahl idealerweise eingebunden werden, nach Möglichkeit sogar mehrere Modelle zur Wahl haben. Denn die beste Schutzausrüstung hilft nur gegen Kälte, wenn sie auch getragen wird.

 

Magazin Gesunde Arbeit 4/2025, Stamm-Ausgabe