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Ein Notfall passiert – und dann? Schock und psychische Erste Hilfe

Arbeitsunfälle verursachen nicht nur körperlichen Schaden, sondern hinterlassen oft auch psychische Spuren. Forschungsdaten (Maargard et al., 2022) zeigen, dass mehr als ein Fünftel der Männer und fast ein Drittel der Frauen mindestens einen Notfall mit potenzieller psychischer Gesundheitsgefährdung erlebt haben. Diese Zahlen verdeutlichen die hohe Relevanz und Dringlichkeit der psychischen Ersten Hilfe.

Psychische Erste Hilfe nach einem Notfall ist wichtig, damit langfristige psychische Folgen verhindert werden. Adobe Stock / peopleimages.com

Trotzdem bleiben die Maßnahmen zur psychischen Akutversorgung oft unzureichend. Während die physische Erste Hilfe in Betrieben gut verankert ist, wird die psychische Erste Hilfe (PEH) oft unterschätzt bzw. sogar ignoriert.

Große Unternehmen wie die ÖBB, zahlreiche städtische Verkehrsbetriebe oder Einsatzkräfte setzen schon seit Ende der 1990er-Jahre erfolgreich auf ein betriebsinternes Laienhelfer:innensystem. Verschiedene Studien – unter anderem eine Evaluierung des Notfallinterventionsteams (NIT) der ÖBB, Mitterer, 2005 – belegen, dass psychische Akutmaßnahmen (Kolleg:innenhilfe) langfristige psychische Folgen verhindern und das subjektiv empfundene Leiden weniger stark wahrgenommen wird. Die Haltung des Unternehmens gegenüber betroffenen Arbeitnehmer:innen spielt eine wesentliche Rolle (vgl. Mitterer, 2005).

Rechtliche Grundlagen und betriebliche Verantwortung

Das ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (ASchG) verpflichtet Arbeitgeber:innen, für die Sicherheit und Gesundheit ihrer Beschäftigten zu sorgen. Dazu gehört nicht nur der Schutz vor körperlichen, sondern auch vor psychischen Belastungen. Die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers bzw. der Arbeitgeberin umfasst daher auch Maßnahmen zur Prävention und Nachsorge psychischer Belastungen nach einem Arbeitsunfall. Psychische Erste Hilfe trägt dazu bei, die Arbeitsfähigkeit der Beschäftigten zu erhalten und die Unfallverhütung im Betrieb nachhaltig zu verbessern.

Elemente der psychischen Ersten Hilfe bieten eine emotionale Unterstützung in der Akutphase. Vorrangig gewünscht werden von den Befragten ein strukturelles, empathisches Peergespräch und eine respektvolle Haltung seitens der Unternehmensführung. Dies kann die Angst vor den außergewöhnlichen Reaktionen minimieren und ein Gefühl der Kontrolle wiedergeben.

Integration in den Betrieb

Die Implementierung von psychischer Erster Hilfe in den Arbeitsalltag erfordert eine klare Strategie von Gefährdungsermittlung und -beurteilung über Interventionen, die an die Gegebenheiten des Betriebs angepasst werden müssen.

Psychische Erste Hilfe ist ein zentraler Baustein des Arbeitnehmer:innenschutzes und der Fürsorgepflicht von Arbeitgeber:innen. Damit wird nicht nur die Resilienz einzelner Arbeitnehmer:innen gestärkt, sondern auch ihre Arbeitsfähigkeit langfristig erhalten sowie eine nachhaltige und gesunde Unternehmenskultur geschaffen.

 

Magazin Gesunde Arbeit 2/2025, Stamm-Ausgabe