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Die häufigsten Risikofaktoren an Arbeitsplätzen in Europa betreffen psychosoziale Erkrankungen und Muskel- und Skeletterkrankungen – als beste Abhilfemaßnahme gilt nach wie vor die Gefährdungsbeurteilung

Die Europäische Agentur für Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz (EU-OSHA) stellt dem Europäischen Parlament in Brüssel heute die wichtigsten Ergebnisse der Zweiten Europäischen Unternehmenserhebung über neue und aufkommende Risiken (ESENER-2) vor.

osha.europa.eu

Die Ergebnisse der Erhebung, an der nahezu 50 000 Unternehmen aus 36 Ländern - darunter alle 28 EU-Mitgliedstaaten - teilnahmen, geben im Einzelnen Aufschluss über den Umgang mit arbeitsbedingten Sicherheits- und Gesundheitsrisiken in europäischen Unternehmen. Diese Erhebung, deren Ergebnisse über ein Online-Dashboard leicht zugänglich sind, stellt eine wichtige neue Informationsquelle für Politik, Wissenschaft und Praxis dar.

Mit der Erhebung ESENER-2 soll festgestellt werden, wie in Unternehmen jeder Größe, einschließlich Kleinstunternehmen mit fünf bis zehn Beschäftigten, in der Praxis mit Problemen von Gesundheitsschutz und Sicherheit - insbesondere mit neuen und aufkommenden, beispielsweise psychosozialen Risiken - umgegangen wird. Die Fragen sollten von der Person beantwortet werden, die sich in dem betreffenden Betrieb am besten mit Sicherheit und Gesundheitsschutz auskennt. Die Befragten benannten die Hauptrisikofaktoren in ihren Unternehmen und beschrieben den Umgang mit ihnen. Insbesondere gaben sie auch Auskunft über die Gründe für ihr Risikomanagement und über die wichtigsten Schwierigkeiten, die sie womöglich an der Beurteilung von Gefährdungen am Arbeitsplatz hindern.

Ole Christensen, Abgeordneter des Europäischen Parlaments und dort Berichterstatter über den strategischen Rahmen der EU für Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz 2014-2020, führte aus: "Die Erhebung ESENER-2 liefert ein umfassendes Bild über den tatsächlichen Umgang mit Sicherheit und Gesundheitsschutz an europäischen Arbeitsstätten. Die Ergebnisse sind für politische Entscheidungsträger auf nationaler und auf EU-Ebene außerordentlich bedeutsam, denn sie belegen eindeutig, dass im Bereich Gesundheitsschutz und Sicherheit bei der Arbeit noch reichlich Raum für Verbesserungen besteht."

Der Risikofaktor, der am häufigsten genannt wird, ist der Umgang mit schwierigen Kunden, Patienten, Schülern usw. (58 % der Unternehmen in der EU-28, Anmerkung der Redaktion: 59 % in Österreich), was zum Teil auf das anhaltende Wachstum des Dienstleistungssektors zurückzuführen ist. Faktoren, die zu Muskel- und Skeletterkrankungen führen, wie anstrengende oder schmerzhafte Körperhaltungen und sich wiederholende Hand- oder Armbewegungen, werden für sämtliche Wirtschaftszweige sehr häufig angeführt.

Aus den Ergebnissen geht hervor, dass 76 % aller Unternehmen in der EU-28 regelmäßig Gefährdungsbeurteilungen vornehmen (Anmerkung d. Redaktion: nur 56 % in Österreich) und dass 90 % dieser Unternehmen sie als nützliches Verfahren für den Umgang mit Sicherheit und Gesundheitsschutz betrachten (Anmerkung d. Redaktion: nur 84 % in Österreich). Welcher Anteil der Betriebe Gefährdungsbeurteilungen unternehmensintern vornimmt und welcher Anteil externe Dienstleister beauftragt, weicht auf nationaler Ebene erheblich voneinander ab. Die Werte für den Einsatz interner Mitarbeiter reichen von 76 % in Dänemark bis zu 7 % in Slowenien (Anmerkung d. Redaktion: 54 % in Österreich) . Dabei spielt zwar die Größe des Unternehmens eine bedeutende Rolle, doch in einigen Ländern lassen selbst die kleinsten Betriebe Gefährdungsbeurteilungen in der Regel von internen Mitarbeitern durchführen.

Die Direktorin der EU-OSHA, Christa Sedlatschek, erklärte dazu: "Die Unternehmen, die keine regelmäßigen Gefährdungsbeurteilungen vornehmen, begründen dies in erster Linie damit, dass die Risiken und Gefahren ohnehin bereits bekannt seien (83 %) und dass es keine größeren Probleme gebe (80 %). Als besonders große Herausforderung wird der Umgang mit psychosozialen Risiken wahrgenommen. Nahezu jedes fünfte Unternehmen, das angibt, mit schwierigen Kunden oder Zeitmangel zurechtkommen zu müssen, weist auch darauf hin, dass es an Informationen oder geeigneten Werkzeugen zur wirksamen Bewältigung dieser Risiken mangelt."

Wichtig ist auch der Befund, dass ein hohes Maß an Einbeziehung der Arbeitnehmer, ob formell oder informell, ein starker Indikator für eine hochwertige Arbeitsumgebung ist, zu der auch die Qualität des Arbeitsschutzmanagements im Allgemeinen und der Umgang mit psychosozialen Risiken im Besonderen gehören.

Der aktuelle Rechtsrahmen für diesen Bereich geht auf die Verabschiedung der europäischen Rahmenrichtlinie über Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit (Richtlinie 89/391/EWG) im Jahr 1989 zurück. Wie bereits bei der vorangegangenen ESENER-Erhebung wurde die Erfüllung gesetzlicher Auflagen als häufigster Grund (85 % der Unternehmen in der EU-28, Anmerkung d. Redaktion: 87 % in Österreich) für das Management von Sicherheit und Gesundheitsschutz angegeben, wobei auch die Erfüllung der Erwartungen der Beschäftigten und ihrer Vertreter (79 %, Anmerkung d. Redaktion: 82 % in Österreich, ) sowie die Vermeidung von Bußgeldern durch die zuständigen Aufsichtsstellen (78 %, Anmerkung d. Redaktion: 71 % in Österreich ) von einem hohen Prozentsatz der Befragten angeführt wurden.

ESENER-2 gibt zudem Aufschluss darüber, ob die Unternehmen die Beschäftigung mit Sicherheit und Gesundheitsschutz als Last empfinden, was für laufende Programme wie REFIT von großer Bedeutung ist. Auf die Frage, ob die Komplexität der gesetzlichen Auflagen als Schwierigkeit beim Umgang mit Sicherheit und Gesundheitsschutz empfunden werde, schwankte der Anteil der bejahenden Antworten zwischen 67 % in Italien und 14 % in Litauen (Anmerkung d. Redaktion: 35 % in Österreich). Da alle EU-Mitgliedstaaten auf EU-Ebene denselben Gesetzen unterliegen, spiegeln diese Zahlen die unterschiedlichen nationalen Gegebenheiten wider und veranschaulichen die Bedeutung der Gesetzgebung, der Unterstützungsstrukturen und sonstiger Ressourcen auf nationaler Ebene.

Pressemitteilung der EU-OSHA