Digitale Unterweisung: Chancen und Risiken
Die Digitalisierung macht auch vor dem Arbeitnehmer:innenschutz nicht halt. Die Möglichkeiten sind umfassend, zumindest in der Theorie. In der Praxis sollen häufig administrative und organisatorische Aufgaben, wie etwa die Unterweisung, an den Computer „ausgelagert“ werden. Aber ist dies rechtlich möglich?
Die Unterweisungspflicht trifft alle Arbeitgeber:innen. Sie müssen alle Beschäftigten umfassend über Gefährdungen infomieren und den korrekten Umgang mit diesen vermitteln. Die Unterweisung muss nachweislich erfolgen und in regelmäßigen Abständen wiederholt werden, was durchaus einen gewissen Aufwand bedeutet.
In manchen Betrieben wird sie daher als lästige Pflicht betrachtet und nicht als sinnvolles Instrument. Die Unterweisung schafft jedoch auch Rechtssicherheit für Arbeitgeber:innen. Denn: Werden diese nicht korrekt und nachweislich durchgeführt, kann dies Verwaltungsstrafen, Regressforderungen oder Haftungen nach sich ziehen. Arbeitgeber:innen haben also ein Interesse daran, die Unterweisungspflicht korrekt zu erfüllen.
Eine digitale Abwicklung der Unterweisung bietet Chancen und auch ein gewisses Einsparungspotenzial: Unterweisungen per Videostream oder Online-Dokument – jederzeit und überall – und nicht mehr im Schulungsraum oder am Arbeitsplatz. Die Teilnahme der Arbeitnehmer:innen wird automatisch registriert und somit nachgewiesen. Eventuell auch noch ein Test am Bildschirm, und die „lästige Bürokratie“ kann schnell und günstig abgewickelt werden.
Rechtlicher Rahmen
Grundsätzlich sind digitale Anwendungen bei der Unterweisung erlaubt. Ein ausschließliches Verlagern in die digitale Sphäre ist aus rechtlicher Sicht jedoch nicht möglich. Dagegen spricht etwa die Vorgabe, dass die Unterweisung dem Erfahrungsstand der Arbeitnehmer:innen angepasst sein muss. Lehrlinge sind etwa anders zu unterweisen als langjährige Beschäftigte. Digitale Tools können das kaum leisten. Die Unterweisung hat zudem in einer verständlichen Sprache zu erfolgen und muss auch inhaltlich verständlich sein. Unterwiesene müssen auch unmittelbar Rückfragen zu den Inhalten stellen können, was digitale Anwendungen aktuell überfordert.
Arbeitgeber:innen in der Pflicht
Arbeitgeber:innen müssen zudem prüfen, ob die Unterweisungsinhalte verstanden wurden. Dies kann zwar auch in Form einer elektronischen Abfrage erfolgen. Ausschlaggebend ist jedoch die tatsächliche Befolgung der Unterweisungsinhalte im Alltag. Um dies zu gewähreisten, braucht es Personen, die die Einhaltung in der Realität kontrollieren und gegebenenfalls eingreifen. Unterweisungen müssen auch zeitnah überarbeitet werden, wenn sich etwas ändert oder die Inhalte nicht in der Realität ankommen. Schließlich muss darauf hingewiesen werden, dass eine Unterweisung auch auf den jeweiligen Arbeitsplatz und Aufgabenbereich ausgerichtet sein muss. Dies macht es in vielen Fällen notwendig, die Unterweisung individualisiert und direkt am Arbeitsplatz durchzuführen. All dies in die digitale Sphäre zu verschieben, scheint aktuell technisch und datenschutzrechtlich kaum möglich.
Digitale Anwendungen dürfen also unterstützend in der Unterweisung eingesetzt werden und können auch nützlich sein. Eine gänzliche Verlagerung in die digitale Sphäre ist aufgrund gesetzlicher Anforderungen aber nicht möglich.
Magazin Gesunde Arbeit 1/2025, Stamm-Ausgabe