Beschäftigung älterer Arbeitnehmer:innen: Noch viel Potential in Betrieben
Das Pensionsalter ist wieder in den Fokus gerückt: Immer wieder wird gefordert, mittels arbeitnehmerfeindlicher Reformen das Pensionssystem neu zu gestalten. AK und ÖGB haben dazu ein „Älterenbeschäftigungspaket“ ausgearbeitet und in einer Pressekonferenz präsentiert.
Die Finanzierung des Pensionssystems entscheidet sich aber nicht am Aktienmarkt oder mit Kürzungen, sondern vor allem am Arbeitsmarkt. Hier ist jedoch bei der Beschäftigung von Menschen ab 60 dringender Handlungsbedarf gegeben. Um das faktische Pensionsalter zu heben, braucht es dringend Maßnahmen – etwa ein Bonus/Malus-System für Betriebe.
Viel relevanter als das gesetzliche Pensionsalter, wann Menschen tatsächlich in Pension gehen – und da geht die Kurve deutlich nach oben: Das durchschnittliche Pensionsantrittsalter ist seit 2000 bei den Männern von 58,5 auf 62,4 Jahre, also um 3,9 Jahre, und bei den Frauen von 56,8 auf 60,4, also um 3,6 Jahre, gestiegen.
Aufgrund der Angleichung des Frauenpensionsalters an jenes der Männer werden Frauen künftig länger am Arbeitsmarkt sein, da sie erst später in Pension gehen können. Wesentlich ist, mehr Menschen den Zugang zum Arbeitsmarkt und gute Erwerbschancen mit gutem Einkommen zu ermöglichen. Das gilt besonders für ältere Arbeitnehmer:innen.
Das Potential der Beschäftigung Älterer
AK und ÖGB haben sich Beschäftigungspotentiale der 60- bis 64-Jährigen angesehen und sie Branchen umgelegt. Tatsache ist, dass derzeit 440.000 Personen (260.000 Frauen und 180.000) nicht beschäftigt sind. Hier zeigen sich unterschiedliche Herausforderungen. Vor allem die öffentliche Verwaltung, das Gesundheits- und Sozialwesen, der Handel und die Herstellung von Waren sind besonders gefordert.
Wenn man von einer maximalen Beschäftigungsquote von 70% aus geht, könnten rund 480.000 Personen in dieser Altersgruppe beschäftigt sein. Davon sind wir weit entfernt, derzeit ist nicht absehbar, wie die Beschäftigungsquote von rund 50% bis 2030 – wie es das Regierungsprogramm vorsieht - erreicht werden soll.
Diese extreme Ungleichverteilung bei der Älterenbeschäftigung macht es erforderlich, die Arbeitgeber:innen mit einem Bonus/Malus-System in die Pflicht zu nehmen. Es kann nicht sein, dass tausende, auch größere Unternehmen, keine älteren Menschen beschäftigen und ihnen keine Chance geben, gesund das Regelpensionsalter zu erreichen. Es kann auch nicht sein, dass zahlreiche Unternehmen ihre Verantwortung sozialisieren und die Menschen vor dem Pensionsantritt der Arbeitslosigkeit überlassen.
Jene Betriebe, die sich ihrer gesellschaftlichen Verantwortung entziehen, sollen dafür einen Ausgleichsbetrag leisten.
Das Ziel muss eine Arbeitswelt sein, die es den Menschen ermöglicht, ihre Arbeit psychisch und physisch gesund bis zur Pension auszuführen.
Das fordern AK und ÖGB:
- Ein Bonus/Malus-System, das Unternehmen in die Pflicht nimmt, die keine älteren Arbeitnehmer:innen beschäftigen.
- Kostenneutrale Finanzierung der Förderung der Älterenbeschäftigung durch Aufhebung der derzeit bestehenden Gießkannenförderung für Betriebe für Arbeitnehmer:innen ab dem 60. Lebensjahr.
- Transparentes Monitoring der Betriebe zur Älterenbeschäftigung und regelmäßige Information der Betriebe.
- Förderung von Umstiegsmöglichkeiten von Schwerarbeit auf leichtere Tätigkeiten.
- Verbesserung der Rehabilitations- und Präventionsangebote.
- Gesetzliche Verankerung der Prävention arbeitsbedingter Erkrankungen und verstärkte Beratungsangebote für altersgerechte und gesunde Arbeitsplatzgestaltung.
- Umsetzung alternsgerechter und gesunder Arbeitsplätze durch verbindliche Betriebsvereinbarungen und Grenzwerte für das Heben, Tragen und Ziehen von Lasten.
- Erhöhung der jährlichen Präventionszeit der Präventivfachkräfte und verstärkte Forschung im Bereich der Arbeitsmedizin.
- Qualifizierungsoffensive, um arbeitslose Menschen wieder in Beschäftigung zu bringen und die stille Reserve zu aktivieren.
Presseaussendung der AK Wien