Trendwende bei Fehlzeiten
Vier Jahrzehnte lang gingen Krankenstandstage zurück – dann kam die Pandemie. Seit 2022 liegen die Fehlzeiten spürbar über dem früheren Niveau. Atemwegserkrankungen, psychische Belastung und fehlende Erholung verschärfen die Lage. Der neue Fehlzeitenreport nimmt nun auch Langzeitkrankenstände in den Fokus.
Im Fehlzeitenreport werden die krankheits- und unfallbedingten Fehlzeiten der unselbstständig Beschäftigten analysiert. Das Österreichische Institut für Wirtschaftsforschung (WIFO) erstellt den Report im Auftrag des Dachverbands der Sozialversicherungsträger, der Bundesarbeitskammer und der Wirtschaftskammer Österreich. 2025 widmet sich ein Sondermodul den Langzeitkrankenständen. Diese Krankenstandsdaten sind wichtig: Sie bilden die Grundlage, um gezielt Präventionsmaßnahmen setzen zu können.
2022: Trendwende bei den Fehlzeiten
Knapp vierzig Jahre lang gingen die Krankenstandstage zwischen 1980 und 2022 pro versicherter Person zurück, mit leichten Schwankungen. Die Studienautor:innen sehen für den Rückgang zwei Hauptgründe: Weniger Unfälle seit den 1980er-Jahren zeigen, dass Prävention wirkt. Einen weiteren Grund sehen sie in frühen Pensionierungen in der Zeit eines – im Gegensatz zu heute – hohen Angebots an Arbeitskräften. In den Jahren 2022 und 2023 sind die Krankenstandstage wieder gestiegen. 2024 lagen sie leicht unter dem Vorjahreswert. Die Pandemie löste eine Trendwende aus. Die Studienautor:innen führen das vor allem auf die Zunahme von Atemwegserkrankungen und psychischen Erkrankungen zurück.
Arbeiter:innen besonders betroffen
Die Anzahl der Krankenstandstage steht im Zusammenhang mit der gesundheitlichen Belastung am Arbeitsplatz. „Arbeiterinnen haben durchschnittlich eine höhere Unfallgefährdung und höhere Gesundheitsrisiken. Sie sind die Gruppe mit den häufigsten und längsten Krankenständen“, erklärt die stellvertretende Direktorin des WIFO, Christine Mayrhuber.
Lange Krankenstände durch psychische Erkrankungen
Erkrankungen des Atmungssystems, des Muskel-Skelett-Systems sowie Verletzungen und Vergiftungen verursachen die meisten Krankenstandstage. Es folgen psychische Erkrankungen, die besonders lange Krankenstände zur Folge haben. „Die Arbeitsplatzsituation, die Gestaltung von Arbeitsabläufen, planbare Arbeitszeiten und ungestörte Erholungsphasen sind relevant, um die Arbeitszufriedenheit zu stärken und das Risiko für psychische Erkrankungen zu reduzieren“, so Krisztina Juhasz von der AK Wien.
Je älter, desto länger krank
Ältere Beschäftigte sind länger im Krankenstand als junge, am häufigsten aufgrund von Muskel-Skelett-Erkrankungen. Gleichzeitig weisen Personen ab 55 Jahren eine geringere Erwerbsquote auf. Um die Arbeitsfähigkeit bis zum Regelpensionsantritt zu erhalten, plädiert Juhasz für arbeitsmarktpolitische Maßnahmen wie die Schaffung gesunder und alternsgerechter Arbeitsplätze. Sie betont auch, dass frühzeitige Präventionsmaßnahmen, Arbeitnehmer:innenschutz und betriebliche Gesundheitsförderung ein hohes Potenzial haben, insbesondere Langzeitkrankenstände zu reduzieren.
Magazin Gesunde Arbeit 3/2025, Stamm-Ausgabe