Wann macht Arbeit Sinn? Und warum ist das so wichtig?
Beim 79. Treffpunkt der Sicherheitsvertrauenspersonen in der AK Wien hielt die Psychologin Prof.in Dr.in Tatjana Schnell einen Vortrag zu folgenden Fragen: Warum ist es wichtig, die Arbeit als sinnvoll zu erleben? Welche Rahmenbedingungen braucht es? Was passiert, wenn dieser Sinn nicht (mehr) gefunden wird? Gesunde Arbeit hat mit ihr gesprochen. Wann macht Arbeit Sinn?Wenn Arbeitnehmer:innen ihre Arbeit nicht erfüllt, ziehen sie einen Jobwechsel in Betracht.Tatjana Schnell, Psychologin an Universitäten in Oslo und InnsbruckTatjana Schnell, Psychologin an Universitäten in Oslo und Innsbruck
Was erwarten Menschen von ihrer Arbeit?
Menschen erwarten eine sinnvolle Arbeit mit fairer Entlohnung. Wenn Menschen ihre Lebenszeit hergeben, sich engagieren und Verantwortung übernehmen, dann soll dies auch von den Arbeitgeber:innen gesehen und anerkannt werden. Studien zeigen aber auch, dass faire Entlohnung heute allein nicht mehr ausreicht. Immer mehr Menschen suchen Arbeit, in der sie selbst einen Sinn erkennen.
Was ist sinnvolle Arbeit?
Es gibt viele Formen sinnvoller Arbeit. Einige Grundvoraussetzungen sollten aber immer erfüllt sein, damit Arbeit als sinnvoll erlebt wird: dass man weiß, warum man sie macht, dass sie einen Nutzen hat, gebraucht wird und einen Wert an sich hat. Außerdem muss sie zu der Person passen, die sie erledigt – nicht nur körperlich, sondern auch ideell –, also zum jeweiligen Lebensentwurf, zu den Werten passen. Immerhin verbringt man viel Zeit seines Lebens mit dieser Arbeit und möchte sich daher zumindest großteils damit identifizieren können. Zentral ist außerdem, dass man sich als Teil einer Organisation erleben kann, in der man als Mensch gesehen, respektiert und wertgeschätzt wird. Trifft dies zu, ist man motiviert und will seine Arbeit gut machen.
Was sind die Folgen sinnloser Arbeit?
Wenn die Arbeit für die Arbeitnehmer:innen ihren Sinn verliert, merken sie dies nicht unmittelbar und plötzlich. Es handelt sich vielmehr um einen schleichenden Prozess. Zuerst verliert man die Motivation, geht nicht mehr so gerne zur Arbeit, und dann fängt man langsam an, sich zu distanzieren und „Dienst nach Vorschrift“ zu machen. Bleibt dieses Zurückziehen von Arbeitgeber:innen unbemerkt oder unbeachtet, fühlt man sich mit der Organisation immer weniger verbunden. Forschungsergebnisse zeigen, dass ein solcher Rückzug und geringeres Engagement allerdings nicht als Wohltat empfunden werden, da Menschen lieber Dinge mit Überzeugung und Motivation erledigen. Daher können Arbeitnehmer:innen in diesem Stadium in eine berufliche Sinnkrise geraten, die sich darin ausdrückt, dass sie zynisch werden oder innerlich kündigen. Häufige Folgen davon sind dann auch Burn-out oder andere psychische und körperliche Erkrankungen.
Worauf kommt es an?
Es ist wichtig, Arbeitsbedingungen zu schaffen, die sinnvolles Arbeiten ermöglichen. Dabei gilt es, Arbeitnehmer:innen als Menschen zu sehen und wertzuschätzen, die Passung von Person und Tätigkeit zu stärken, gemeinsam transparente Ziele zu verfolgen und deutlich zu machen, welche Bedeutung die Arbeit hat – für Beschäftigte, Kund:innen, die Gesellschaft!
Magazin Gesunde Arbeit 2/2023