Gewalt als Berufsrisiko
Zwei Jahre lang haben Arbeitsinspektor:innen bei Betriebsbesuchen unter dem Schwerpunkt Gewaltschutz gemeinsam mit Unternehmen Knackpunkte für verbale und körperliche Übergriffe oder Belästigungen am Arbeitsplatz erkannt, benannt und so zahlreiche Veränderungen angestoßen.
Die Arbeitsinspektion hat sich zwei Jahre lang mit dem Themenschwerpunkt „Gewalt als Berufsrisiko“ auseinandergesetzt, um Gefahren durch Gewalt bei der Arbeit zu erkennen und zu entschärfen. Projektleiterin und Arbeits- und Organisationspsychologin Julia Steurer sieht „viele Menschen direkt oder indirekt betroffen: Die meisten Beschäftigten haben Gewalt am Arbeitsplatz in ihren verschiedensten Ausprägungen schon erlebt oder zumindest beobachtet. Niemand ist gänzlich frei von solchen Erfahrungen.“
Wo Emotionen hochkochen …
„Auch intern musste erarbeitet werden, dass Gewalt ein Arbeitsschutzthema sein kann“, so Steurer. In Schulungen wurden die Arbeitsinspektor:innen dafür sensibilisiert, kritische Punkte zu erkennen: „In Bereichen mit starkem Kundenkontakt und hohem Stresslevel, etwa Wartebereiche in Spitalsambulanzen oder dort, wo Leistungsansprüche abgewiesen werden müssen, kochen die Emotionen leicht hoch“, erklärt Steurer. Derartige Situationen lassen sich entschärfen, indem etwa klar ersichtlich ist, in welcher Reihenfolge die Patient:innen warten. Auch Rückzugsmöglichkeiten für die Beschäftigten oder das Entfernen potenziell gefährlicher Gegenstände wie Scheren können dazu beitragen.
Im Rahmen von Betriebsbesuchen haben die Arbeitsinspektor:innen potenzielle Gefahren erkannt, benannt und mit der Arbeitsplatzevaluierung verbunden. Steurer freut sich, dass „die meisten Firmen total kooperativ und dankbar waren, dass wir konkrete Verbesserungsvorschläge gemacht haben, die Gewalt im konkreten Setting verhindern können: Viele Betriebe haben einen Anstoß von außen gebraucht“.
Gewalt äußert sich nicht nur körperlich
Vor allem in den Bereichen Einzelhandel, Bildung, körpernahe Dienstleistungen, soziale Arbeit sowie Gesundheit und Pflege sah die Arbeitsinspektion Handlungsbedarf für Schutzmaßnahmen: „Dort findet Gewalt oft versteckt statt, psychisch oder im sexualisierten Kontext“, erklärt Steurer.
Co-Projektleiter und Arbeits- und Organisationspsychologe Geronimo Grieger sieht dringenden Bedarf für Definition, Sensibilisierung und Verhinderung der verschiedenen Gewaltformen: „Rassistische Witze im Büro gehören ebenso dazu wie unerwünschte, anzügliche Bemerkungen in der Gastronomie oder Übergriffe in der Pflege. Der Schaden für Betrieb und Gesundheit wird oftmals unterschätzt.“
Der Schwerpunkt der Arbeitsinspektion war ein wichtiger erster Schritt, um den Gewaltschutz in den Betrieben zu stärken, aber es gibt noch viel zu tun. Wenn Arbeitgeber:innen keine ausreichenden Schutzmaßnahmen setzen, können sich Betroffene direkt an die Arbeitsinspektion wenden.
Auf deren Website finden sich zudem wertvolle Praxisbeispiele und der Abschlussbericht: www.arbeitsinspektion.gv.at/gewalt
Magazin Gesunde Arbeit 3/2025, Stamm-Ausgabe