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Wegunfälle mit dem E-Scooter: Das Höchstgericht schränkt Unfallversicherungsschutz ein

Aus dem Stadtbild sind sie nicht mehr wegzudenken: E-Scooter. In einer neuen Entscheidung hat der Oberste Gerichtshof (OGH) einen Unfall mit einem E-Scooter am Weg zur Arbeit nicht als Arbeitsunfall anerkannt. Dennoch ist die Anerkennung im Einzelfall nicht ausgeschlossen.

Arbeitnehmer:innen, die mit dem E-Scooter in die Arbeit oder von der Arbeit nach Hause fahren, können nicht ohne weiteres davon ausgehen, dass diese Fahrt vom gesetzlichen Unfallversicherungsschutz umfasst ist und als Wegunfall gilt. Adobe Stock / Lars Zahner

Nach der bisherigen Rechtsprechung zum Wegunfall waren Versicherte in der Wahl des Verkehrsmittels grundsätzlich frei. Diese freie Wahl wurde vom Obersten Gerichtshof nunmehr bei Verkehrsmitteln eingeschränkt, die nicht allgemein üblich sind und kein sicheres Fahren gewährleisten. Bei Benützung eines solchen Verkehrsmittels liegt ein Arbeitsunfall nur dann vor, wenn sich die allgemeine Weggefahr verwirklicht, etwa ein Unfall passiert, weil ein Autofahrer eine Vorrangregel verletzt hat. Sofern der Unfall auf die Beschaffenheit des unsicheren Verkehrsmittels zurückzuführen ist, ist der Unfall dem privaten Bereich zuzuordnen und es erfolgt keine Anerkennung als Arbeitsunfall.

Anlassfall und Entscheidung des OGH

Der Kläger des Anlassfalles wollte seine Geschwindigkeit von 22 km/h auf 20 km/h reduzieren und betätigte die Bremse. Dabei kam es aufgrund der nicht so stark ausgeprägten Stabilität, der geringen Lenkerbreite, der kleineren Räder und des geringeren Nachlaufs des E-Scooters zu einer leichten Verlagerung der Fahrlinie, die in Verbindung mit der feuchten Fahrbahn zum Wegrutschen des Vorderrads führte.

Der OGH lehnte die Anerkennung als Arbeitsunfall ab. Es mag zwar sein, dass E‑Scooter in erster Linie im innerstädtischen (Nah-)Verkehr inzwischen öfters anzutreffen seien. Das würde aber nichts daran ändern, dass der Gesetzgeber sie nicht als allgemein übliches Verkehrsmittel, sondern als „Trendsportgerät“ ansieht. Es handle sich auch um kein sicher handhabbares Verkehrsmittel, da laut Gesetzgeber dessen Benutzung eine besondere Geschicklichkeit erfordert und aufgrund der technischen Eigenschaften (insbesondere im Zusammenhang mit Lenken und Bremsen) kein sicheres Fahren gewährleistet sei. Darauf aufbauend gelangt der OGH zu dem Schluss, dass es sich hier um keine typische Gefahr eines Dienst- bzw. Arbeitsweges handelt, sondern die dem E-Scooter als unsicheres Verkehrsmittel immanente Gefahr, weshalb der Unfall dem privaten Lebensbereich zuzuordnen sei.   

Was bedeutet das für die Versicherten?

Arbeitnehmer:innen, die mit dem E-Scooter in die Arbeit oder von der Arbeit nach Hause  fahren, können nicht ohne weiteres davon ausgehen, dass diese Fahrt vom gesetzlichen Unfallversicherungsschutz umfasst ist und als Wegunfall gilt. Vielmehr hängt es von der Unfallursache ab. Je nachdem, ob es sich dabei um eine allgemeine Weggefahr (z. B. ein Auto ignoriert die Vorrangregel) oder eine auf die Beschaffenheit des E-Scooters zurückzuführende Gefahr (z. B. Sturz infolge der Instabilität) handelt, besteht Unfallversicherungsschutz oder nicht. Wenn die Unfallursache nicht festgestellt werden kann, geht dies zu Lasten der Versicherten. Wer auf Nummer sicher gehen möchte, steigt etwa auf das Fahrrad oder öffentliche Verkehrsmittel um, bei denen diese Beurteilung keine Rolle spielt.

 

 

AK Wien