Zum Hauptinhalt wechseln

Sexuelle Belästigung ist kein Kavaliersdelikt

Bei der Arbeiterkammer häufen sich Beschwerden wegen sexueller Belästigung am Arbeitsplatz. Betroffen sind meistens Frauen. Die Vorfälle reichen von anzüglichen Blicken über sexuelle Witze bis hin zu eindeutigem Machtmissbrauch.

Jede vierte Frau erlebt sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz. Adobe Stock – Derariad

Jede vierte Frau erlebt sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz – das zeigt eine Erhebung von Statistik Austria aus dem Jahr 2022. Fast immer, nämlich in rund 97 Prozent der Fälle, sind die Täter:innen männlich, bei 44 Prozent sind es Kolleg:innen, bei 43 Prozent Kund:innen und bei 28 Prozent Vorgesetzte. Das ILO-Übereinkommen 190 versteht unter geschlechtsspezifischer Gewalt und Belästigung Handlungen, „die gegen Personen aufgrund ihres Geschlechts gerichtet sind oder von denen Personen eines bestimmten biologischen oder sozialen Geschlechts unverhältnismäßig stark betroffen sind, und [es] umfasst auch sexuelle Belästigung.“

„Gehen wir essen – dann bekommst du, was du brauchst“

Zu sexueller Belästigung zählen also nicht nur, wie oft fälschlich angenommen, unerwünschte Berührungen, sondern auch verbale Übergriffe – sowohl auf dem physischen Arbeitsplatz als auch digital. Tatsächlich sind Anstarren oder anzügliche Blicke die häufigste Form der sexuellen Belästigung im beruflichen Kontext (20,26 %), gefolgt von sexuellen Witzen und übergriffigen Bemerkungen über Körper und/oder Privatleben (16,21 %). An dritter Stelle steht der unerwünschte Körperkontakt (14,6 %). Auch Einladungen zu gemeinsamen Treffen, Annäherungsversuche auf Social Media, sexuell konnotierte E-Mails oder Nachrichten, Aufforderungen zu sexuellen Handlungen oder das Zeigen von sexuellen Inhalten in Form von Videos und Fotos fallen unter „sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz“. Der Pin-up-Kalender am Arbeitsplatz ist in aller Regel also nicht harmlose Deko, sondern sexuelle Belästigung. 
Laut Eva-Maria Burger, Leiterin der Abteilung für Frauen und Gleichstellungspolitik der Bundesarbeitskammer, steht das Ausnutzen von Machtpositionen im Zentrum sexueller Belästigung am Arbeitsplatz, klassischerweise von Führungskräften gegenüber Arbeitnehmerinnen. Zum Beispiel wenn ein Vorgesetzter der Mitarbeiterin sagt: „Gehen wir doch öfter zu zweit abendessen, dann wirst du schon die gute Position bekommen oder die wichtigen Infos, die du dafür brauchst.“ 

Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz in Österreich Gesunde Arbeit

Was Betroffene tun können

Im österreichischen Gleichbehandlungsgesetz ist „die Wahrnehmung der Betroffenen“ relevant. Eva-Maria Burger rät dazu, „das eigene Bauchgefühl ernst zu nehmen“ und sich Hilfe zu holen – bei Kolleg:innen, beim Betriebsrat oder bei Vorgesetzten. Denn, so Burger, „es gibt auch über Vorgesetzten Vorgesetzte, die eine Fürsorgepflicht haben und an die man sich wenden kann“. Betroffene können sich zudem rechtliche Beratung von der Arbeiterkammer holen und sich an die Gleichbehandlungsanwaltschaft wenden. Junge Frauen und Mädchen finden bei Act4Respect österreichweit Unterstützung.

 

Magazin Gesunde Arbeit 3/2025, Stamm-Ausgabe