Gesunde Arbeit

Gehirndoping im Dienste der Arbeit

Gehirndoping oder Neuro-Enhancement verspricht Leistungssteigerung und Produktivität. Gehirndoping als Hilfsmittel, um berufliche Ziele besser erreichen zu können, oder falsche Versprechungen auf Kosten der Gesundheit?
Die gesundheitlichen Risiken von Gehirndoping werden oft unterschätzt.
Substanzen für Gehirndoping Die gesundheitlichen Risiken von Gehirndoping werden oft unterschätzt.

Arbeitsdruck, Wettbewerb und hohe Zielvorgaben im Job: Im Strudel geforderter Produktivität und Leistungsbereitschaft suchen Arbeitnehmer:innen Möglichkeiten, die eigene Leistungsfähigkeit zu steigern. Neuro-Enhancement durch unterschiedliche Substanzen verspricht die einfache Lösung: Pille rein – Energielevel rauf. Eigene Grenzen überschreiten und rasch die Leistung steigern – klingt vielversprechend. Doch was ist dran an diesem Trend zur Selbstoptimierung?

Bessere Erreichbarkeit beruflicher Ziele?
Eine Studie der deutschen Krankenkasse DAK Gesundheit (2020) zeigt: Rund zwei Prozent der Arbeitnehmer:innen nehmen – ohne medizinische Notwendigkeit – verschreibungspflichtige, leistungssteigernde oder stimmungsaufhellende Medikamente ein, um jobfitter zu sein. Thema ist dies vor allem bei 60- bis 65-Jährigen – mehr als vier Prozent haben in den vergangenen Monaten mindestens einmal gedopt. Jeder bzw. jede zweite Arbeitnehmer:in begründet dies mit der besseren Erreichbarkeit beruflicher Ziele. Etwa jede:r Dritte meint, die Arbeit ginge so leichter von der Hand und mehr als jede:r Vierte nimmt Medikamente, um nach der Arbeit noch Energie und gute Laune für Privates zu haben.

Verlockung der Selbstoptimierung …
Neuro-Enhancement soll eine Verbesserung der geistigen Leistungsfähigkeit (z. B. längere Wachheit, bessere Konzentrations- und Merkfähigkeit, mehr Kreativität) bewirken. Auch auf ein besseres emotionales Befinden, wie etwa geringere Nervosität vor beruflichen Meetings, wird abgezielt.

Verwendete Substanzen sind etwa:

  • Psychostimulanzien (Medikamente zur Behandlung von ADHS, Narkolepsie etc.)
  • Antidementiva (Medikamente zur Behandlung von Demenz etc.)
  • Antidepressiva (Medikamente zur Behandlung von Depressionen, Angsterkrankungen etc.)
  • Betablocker (Medikamente zur Behandlung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen etc.)
  • Illegale Substanzen (Amphetamine, Kokain etc.)

Ob der Begriff Neuro-Enhancement nur verschreibungspflichtige Medikamente oder auch natürliche bzw. pflanzliche Substanzen, wie etwa Nikotin oder Koffein, umfasst, ist wissenschaftlich nicht abschließend geklärt.

… und der Preis?
Die gesundheitlichen Risiken von Gehirndoping werden oft unterschätzt: Neben verschiedenen, manchmal sogar lebensbedrohlichen, Nebenwirkungen kann Gehirndoping auch zu körperlicher und/oder psychischer Abhängigkeit führen. Die Langzeitfolgen sind vielfach unklar. Inwieweit Neuro-Enhancer tatsächlich die Leistungsfähigkeit gesunder Menschen nachhaltig steigern, ist nicht geklärt. Oft ist deren Wirksamkeit nur von kurzer Dauer und der Nutzen wird überschätzt. Letztlich ist Gehirndoping vor allem eines: der Versuch einer möglichst guten Anpassung an eigentlich veränderungsbedürftige gesellschaftliche bzw. betriebliche Rahmenbedingungen – auf Kosten der eigenen Gesundheit.

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