Berufskrankheit auf den zweiten Blick
„Angefangen hat alles nach drei Jahren“, erinnert sich Andreas H. an die Zeit zurück, als ihn seine Arbeit im wahrsten Sinne des Wortes krank gemacht hat. Er war bei einer Kanalsanierungsfirma als Partieführer tätig. Dort bekam er einen Ausschlag, der mit der Zeit immer schlimmer wurde. Besonders stark betroffen waren die Hände, wie er berichtet: „Teilweise waren sie sogar offen, es hat so stark gejuckt, manchmal konnte ich nicht einmal schlafen.“
Berufskrankheit oder nicht?
Da sich die Situation weiter verschlimmerte, suchte Andreas H. einen Hautarzt auf, bei dem Tests durchgeführt wurden. Im Zuge dessen wurde auch die Allgemeine Unfallversicherungsanstalt (AUVA) eingeschaltet. Die Hautprobleme wurden jedoch als Berufskrankheit abgelehnt. Der Grund: Andreas H. leidet unter Neurodermitis. „Die Diagnose der Neurodermitis stand damals im Vordergrund“, erklärt Dr.in Roswitha Hosemann, Fachärztin für Arbeitsmedizin in der AUVA. Doch sie war es dann auch, die näher hingesehen hat: Sie nahm erneut Kontakt zu Andreas H. auf und ihre Befragungen zum Arbeitsplatzsetting und seiner Tätigkeit ergaben, dass bei der Arbeit mit undichten Kanalrohren eine Beschichtung mit Epoxidharz vorgenommen wird. Und genau auf dieses Epoxidharz hatte Andreas H. eine Allergie entwickelt. Damit handelte es sich bei dieser Kontaktallergie doch um eine Berufskrankheit. „Es ist wichtig, sich immer auch die Umstände anzusehen. Nur weil jemand wie in diesem Fall bereits unter Neurodermitis leidet, heißt das nicht, dass nicht gleichzeitig auch eine andere Hautkrankheit bzw. Allergie bestehen kann“, betont Hosemann.
Therapie auf mehreren Ebenen
Und dann ging alles sehr schnell. „Zwei Wochen war ich in Therapie und danach zwei Wochen zu Hause“, schildert Andreas H. Ziel der Therapie war es zunächst, den Ausschlag unter Kontrolle zu bringen. „Aber auch die Präventionsberatung ist ein wichtiger Bestandteil“, ergänzt Dr.in Hosemann. Ein für Andreas H. sehr wichtiger Aspekt der Therapie war der Austausch über die Erkrankung in Gruppengesprächen. Zuvor hatte er eine gewisse Scham entwickelt. „Kunden wollten mir nicht mehr die Hand geben und haben Abstand zu mir gehalten“, erinnert er sich. Für ihn bedeutete das eine enorme psychische Belastung, die sich auch auf sein Privatleben auswirkte. „Als es besonders schlimm war, wollte ich privat gar nicht mehr wo hinfahren. Und ich habe sogar im Sommer lange Ärmel getragen“, erzählt er.
Positive Entwicklung
Durch die Therapie hatte Andreas H. die Möglichkeit, sich mit anderen auszutauschen und seine Scham langsam wieder abzubauen. Zudem hatte er das Glück, im Anschluss innerhalb der Firma seine Position wechseln zu können, seither ist auch die Allergie Geschichte.