Aktive Vorbeugung von Muskel- und Skeletterkrankungen am Bau
Tragen von Sandsäcken und Wackerstampfern, Auf- und Absteigen bei Pritschen, Hebevorgänge unter beengten Platzverhältnissen, einseitige körperliche Belastungen – in der Bauwirtschaft fallen viele Tätigkeiten an, die belastend für den Muskel-Skelett-Apparat der ArbeiterInnen sein können. So auch bei der Firma PORR, die tagtäglich alle Hebel in Bewegung setzt, um diese Belastungen zu minimieren sowie Muskel- und Skeletterkrankungen (MSE) der ArbeitnehmerInnen vorzubeugen.
Körperliche Belastungen auf Baustellen
„Ein großes Thema ist auf Baustellen das Heben und Tragen von schweren Lasten – besonders gefährdet ist dabei der Rücken“, betont Dr.in Judith Mergen, Projektleiterin der betrieblichen Gesundheitsförderung bei PORR. „Vor allem eine häufige, über einen längeren Zeitraum durchgeführte einseitige körperliche Belastung, zum Beispiel wenn schwere Gegenstände immer nur auf einer Seite bzw. mit einer Hand getragen werden. Eine weitere Variante ist, wenn schwere Lasten zu weit weg vom Körper getragen werden und dadurch eine große Hebelwirkung entsteht – oder natürlich, wenn mit rundem Rücken getragen wird. Durch einen Verschleiß der Wirbelkörper und eine Degeneration der Bandscheiben kann es zu Bandscheibenproblemen kommen, die häufig mit starken Schmerzen verbunden sind. Genereller Gelenkverschleiß kommt darüber hinaus aber natürlich auch im Bereich der Knie, Schultern und Hände vor.“ Mergen ist es daher ein großes Anliegen, diese Belastungen einerseits zu minimieren und andererseits auch ein Bewusstsein für die Gefahren zu schaffen.
Regelmäßige Risikoanalyse
Laut Ing. Martin Sonnberger, Leiter der Arbeitssicherheit bei PORR, ist es daher unerlässlich, spezifische Risiken regelmäßig zu identifizieren und zu analysieren. „Im Rahmen von Gefährdungsbeurteilungen werden tatsächliche und potenzielle Gefährdungen auf den Baustellen und in den Betriebsstätten erhoben und die damit einhergehenden Risiken evaluiert“, erläutert er. In seinen Aufgabenbereich fällt es auch, gemeinsam mit den Verantwortlichen entsprechende Lösungen zu erarbeiten, um diese Risiken bestmöglich zu minimieren. Dadurch kommen unterstützend technische Geräte zum Einsatz wie Kunststoff- und Aluschalungen im Bereich Innenausbau, Ausschussgerüste zum Aus- und Einbringen von Materialien, Bauaufzüge, spezielle Anbaugeräte zum Versetzen von Pflastersteinen oder hydraulisch höhenverstellbare Plattformen zur Verbesserung der Körperhaltung während des Hebens. Einerseits erfolgt die Abstimmung über arbeitssicherheits- und gesundheitstechnische Angelegenheiten bereits vor Start der Bauabwicklung, andererseits gibt es laufende Arbeitsplatzbegehungen und auch betroffene ArbeitnehmerInnen können jederzeit situations- und arbeitsbedingte Gefahren melden.
Präventive Maßnahmen
Dr.in Judith Mergen betont darüber hinaus die Wichtigkeit präventiver Maßnahmen: „Langzeitschäden am Bewegungsapparat lassen sich am besten vermeiden, wenn unsere ArbeiterInnen so oft wie möglich für dieses Risiko sensibilisiert und gesunde Bewegungsabläufe so früh wie möglich in den Arbeitsalltag integriert werden. Deswegen bieten wir unserem gewerblichen Personal regelmäßige Schulungen mit verschiedenen Schwerpunkten – zum Beispiel zum Thema Heben und Tragen – an.“ Dabei liegt der Schwerpunkt darauf, welche Bewegungsabläufe vor allem langfristige Gefahren und Risiken für den Bewegungsapparat bergen und wie diesen am besten vorgebeugt werden kann. Und das beginnt bereits bei den jüngsten ArbeitnehmerInnen – den Lehrlingen. „Wir achten auch verstärkt darauf, dass unsere Lehrlinge schon frühzeitig entsprechende Kräftigungs- und Ausgleichsbewegungen erlernen“, so Mergen.
ArbeitnehmerInnen miteinbeziehen
Bei all diesen Maßnahmen steht der Dialog mit den ArbeitnehmerInnen an oberster Stelle. „Nur so können wir auf individuelle Risiken und Probleme gezielt eingehen“, weiß Sonnberger. Zudem ist neben den ArbeitssicherheitsexpertInnen auch der Betriebsrat häufig auf den Baustellen unterwegs und überprüft Optimierungspotenziale. Auf diese Art und Weise wird ein bestmöglicher Austausch zwischen allen Beteiligten ermöglicht.
Doch auch die besten Schulungen und Trainings haben nur dann Aussicht auf Erfolg, wenn sie aktiv im Arbeitsalltag angewandt werden. „Besonders Maßnahmen und Übungen, die sich gut in den Arbeitsalltag integrieren lassen, werden gut angenommen“, berichtet Sonnberger. „Bei Maßnahmen, die Verhaltensänderungen voraussetzen, steigt die Akzeptanz erfahrungsgemäß vor allem bei jenen MitarbeiterInnen, die bereits von Beeinträchtigungen betroffen sind. Bei jüngeren KollegInnen ist diesbezüglich oft eine verstärkte Überzeugungsarbeit gefragt. Aber wenn sie erkennen, dass sich Beschwerden von anderen durch gezielte Dehnungsübungen, Ausgleichsgymnastik etc. wieder verbessern, findet hier glücklicherweise oft ein Umdenken statt.“
Und das ist auch wichtig, denn nur so kann langfristig durch gezielte Schulungen und Trainings Muskel- und Skeletterkrankungen erfolgreich vorgebeugt werden. „Wir werden auch in Zukunft unsere Strategie der frühzeitigen und wiederkehrenden Sensibilisierung für diese Risiken konsequent verfolgen“, merkt Martin Sonnberger abschließend an.