Evaluierung: Gute Qualität statt „Hauptsache, irgendwie“
Warum ist das so? Einerseits, weil das Gesetz in der konkreten Ausgestaltung des Prozesses vage bleibt. Andererseits, weil die Materie der psychischen Belastung an sich schon eine sehr komplexe ist. Insbesondere im Kontext Arbeit wird die Psyche, die aber eines der wichtigsten Arbeitsmittel unserer Dienstleistungsgesellschaft ist, tabuisiert.
Nach vielen Jahren Umsetzungserfahrung werden einzelne Schritte im Evaluierungsprozess der psychischen Belastung nun näher beschrieben. Die Ausarbeitung eines konkreten Vorgehens und die Vorgabe von Standards sind als Hilfestellung für Arbeitgeber:innen zu verstehen, Qualität in diesen Evaluierungsprozess zu bringen. Denn: „Hauptsache, irgendwie“ ist in diesem Fall kontraproduktiv.
Was sind wichtige Qualitätskriterien?
- Abwicklung mittels Projektmanagement und nach Konzept
- Beiziehung externer Arbeitspsycholog:innen
- Einbindung von Belegschaftsvertreter:innen und aller Präventivfachkräfte
- Informations- und Kommunikationsplan
- Wohldurchdachte Auswahl der Tätigkeitsgruppen und Erhebungsbereiche
- Gute Qualität des Ermittlungsverfahrens
- Evidenzbasierte Maßnahmenableitung
- Sorgfältige ASchG-konforme Dokumentation
- Überprüfung der Wirksamkeit der Maßnahmen
- Anpassung der Evaluierung im Anlassfall
Perspektiven für die Evaluierung
Inhaltliche Anpassung: Das ASchG stellt für einige Arbeitsbedingungen, wie z. B. Art der Tätigkeiten, Arbeitsumgebung und -raum, Arbeitsabläufe und Organisationskultur, einen Bezug zu psychischen Belastungen her (§ 4 ASchG Abs. 1). Dies greift aber zu kurz, auf Aspekte wie Digitalisierung, künstliche Intelligenz (KI) sowie Gewalt muss konkret Bezug genommen werden. Aber auch Themen wie Führung, Arbeitszeit und Vereinbarkeit müssen zukünftig im ASchG ihren Niederschlag finden.
Arbeits- und Organisationpsycholog:innen als dritte, gleichwertige Präventivfachkräfte etablieren: Trotz des dringenden Bedarfs an arbeitspsychologisch-fachlicher Kompetenz sind Arbeits- und Organisationspsycholog:innen (AOP) nicht als Präventivfachkräfte im ASchG verankert. Um den psychischen Gefahren der Arbeitswelt wirkungsvoll entgegenzutreten bzw. psychisch menschengerechte Arbeitswelten schaffen zu können, benötigen AOP die gleichen Rechte und Pflichten wie Arbeitsmediziner:innen und Sicherheitsfachkräfte. Es ist daher erforderlich, AOP (bei Erhöhung der Präventionszeiten für alle Präventivfachkräfte) als dritte, gleichwertige Präventivfachkräfte im ASchG zu verankern.
Weiterführende Informationen und Beratung
Mag.a Karin Hagenauer, karin.hagenauer@ak-salzburg.at