Gesunde Arbeit

Arbeitsinspektion unterwegs: Ein Arbeitsunfall mit weitreichenden Konsequenzen

Es ist nichts Neues, aber immer wieder hervorzuheben: Die ureigenste Aufgabe des Arbeitsinspektorats ist die Kontrolle der ArbeitnehmerInnenschutzvorschriften vor Ort. Dazu gehört auch die Kontrolle auswärtiger Arbeitsstellen. Dort zeigt sich, ob die im Betrieb verfasste Gefährdungsbeurteilung und die daraus resultierenden Maßnahmen auch umgesetzt werden.

So geschehen bei einem Arbeitsunfall im Gleisbereich eines Bahnhofgeländes. An einem Hochspannungsleiter wurden oberleitungstechnische Umbauten, eine Nachrüstung der Rückleiter, vorgenommen. Zwei Arbeitnehmer führten die Montage der Erdseilabführung an einem Mast durch. Dazu stand einer der beiden auf einer sechs Meter hohen Leiter und reichte das Erdseil seinem Kollegen auf dem Mast weiter. Dieser sollte es durch die Erdseilarmatur am Mast führen und befestigen. Dabei kam das überhängende Erdseil mit dem oberen spannungsführenden 10-kV-Isolator der Mastkonstruktion in Kontakt und verursachte einen Erdschluss. In Folge gelangten beide Monteure in den Stromkreis. Der Arbeitnehmer auf dem Mast erlitt schwerste Verbrennungen am Oberarm, sein Kollege auf der Leiter einen Aortenriss in der Nähe des Herzens. Woraufhin er mit dem Rettungshubschrauber abtransportiert werden musste.

Das Arbeitsinspektorat wurde sofort von der Polizei über das Journaldiensttelefon verständigt. Vor Ort wurde der Unfallhergang erhoben, Zeugen und Vorgesetzte wurden befragt, begleitende Umstände ermittelt und die Daten aufgenommen. Eine aufwändige Prozedur, welche aber notwendig ist, um die Unfallursache feststellen zu können.

Es stellte sich heraus, dass die Verunfallten vor den Arbeiten ausführlich und nachweislich elektrotechnisch unterwiesen wurden. Die Evaluierung für die Tätigkeit war vorhanden und es gab keinen Anlass zu Beanstandung. Während der Arbeit war jedoch kein Verantwortlicher anwesend, der überprüft hätte, ob auch alle Vorschriften und Anweisungen eingehalten werden.

Das Arbeitsinspektorat erstattete daraufhin Anzeige beim Magistratischen Bezirksamt und bei der Staatsanwaltschaft. Der Tatvorwurf an den Arbeitgeber lautete: Ein Arbeitsverantwortlicher muss während der Arbeit vor Ort den Verlauf kontrollieren. Rechtsgrundlage dafür ist die Elektroschutzverordnung und die dazu verpflichtende ÖVE ÖNORM E 8555.

Es folgte eine Berufungsverhandlung beim Unabhängigen Verwaltungssenat. Im Zuge der Verhandlung stellte sich heraus, dass zwar ein Arbeitsverantwortlicher genannt, aber nicht die ganze Zeit auf der Arbeitsstelle anwesend war. Es war auch keine geeignete Person als Stellvertreter bestimmt. Der Arbeitgeber konnte somit kein wirksames Kontrollsystem nachweisen, das die Einhaltung der Vorschriften kontrolliert und Verstöße abstellt. Alleine die Erteilung von Weisungen reicht dafür nicht aus.

Am Ende der Verhandlung wurde der Arbeitgeber zu einer beträchtlichen Geldstrafe verurteilt. Die Unfallanalyse zeigt, dass bei Einhaltung der ArbeitnehmerInnenschutzvorschriften dieser tragische Arbeitsunfall nicht stattgefunden hätte.


In der Serie Arbeitsinspektion unterwegs wird jeweils ein Fall aus der Praxis der Arbeitsinspektion vorgestellt.

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