Gesunde Arbeit

Präventivfachkraft nur mehr mit Arbeitsvertrag erlaubt

Eine bedeutsame Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes zum Vertragsverhältnis in der arbeitsmedizinischen Betreuung durch einen Arbeitsmediziner hat Folgen im ArbeitnehmerInnenschutz.

Das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) hat am 25.1.2015 eine richtungsweisende Entscheidung zum Vertragsverhältnis zwischen Arbeitgeber und eines Arbeitsmediziners in der arbeitsmedizinischen Betreuung getroffen, welche erhebliche Auswirkungen und Folgen nach sich ziehen wird (GZ: W145 2004772-1/3E vom 25.1.2015).

Im konkreten Fall hat das BVwG eine Beschwerde als unbegründet abgewiesen und damit die Rechtauffassung der Wiener Gebietskrankenkasse bestätigt, indem das BVwG jetzt klarstellt:
"Zusammenfassend zeigt sich, dass gegenständlich von einem Überwiegen der Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbstständiger Ausübung der Tätigkeit auszugehen ist und Herr Dr. xxx in dem im angefochtenen Bescheid angeführten Zeitraum nach § 4 Abs. 1 Z. 1 und Abs. 2 ASVG der Pflichtversicherung in der Vollversicherung nach dem ASVG und nach § 1 Abs. 1 lit. a AIVG der Pflichtversicherung in der Arbeitslosenversicherung unterlag. ... Eine Pflichtversicherung als freier Dienstnehmer nach § 4 Abs. 4 ASVG ist aufgrund des Ausnahmetatbestandes des § 4 Abs. 4 lit. c ASVG jedenfalls ausgeschlossen."

In der Praxis bedeutet diese Entscheidung, dass die arbeitsmedizinische Betreuung eines Arbeitsmediziners nicht (mehr) auf Werkvertragsbasis und auch nicht (mehr) auf Basis eines freien Dienstnehmers nach § 4 Abs. 4 ASVG aufgrund des Ausnahmetatbestandes des § 4 Abs. 4 lit. c ASVG erlaubt ist. Damit haben Arbeitgeber/innen von Arbeitsstätten mit mehr als 50 Arbeitnehmer/innen nur die Wahl zwischen einem Arbeitsvertrag (=Personalkosten) oder die Heranziehung eines Zentrums (= Sachkosten) zur Erfüllung ihrer Pflichten nach den §§ 73, 79 und 82a Abs. 5 ASchG.

Diese Entscheidung hat darüber hinaus auf vergleichbare Sachverhalte dieselben rechtlichen Wirkungen, wie beispielsweise auf die Vertragsverhältnisse von Sicherheitsfachkräften, Arbeits- und Organisationspsycholog/innen oder Brandschutzbeauftragten. Auch zahlreiche arbeitsmedizinische und sicherheitstechnische Zentren haben (noch) einen (hohen) Anteil an Verträgen auf Werkvertragsbasis, die in Arbeitsverträge "umzuwandeln" wären. Zudem wird vermutlich die von AUVAsicher organisierte sicherheitstechnische und arbeitsmedizinische Betreuung für Arbeitsstätten mit bis zu 50 Arbeitnehmer/innen dementsprechend anzupassen sein (also AUVA-eigenes Personal und/oder Dienstleistungsverträge mit Zentren).

Von dieser Entscheidung könnten österreichweit insgesamt geschätzte 1.500 (bis 2.000) Personen unmittelbar betroffen sein.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Eine außerordentliche Revision an den VwGH ist noch möglich.

GZ: W145 2004772-1/3E vom 25.1.2015

Update vom 17.3.2015: Bitte beachten Sie die Klarstellung bzw. den Erlass des Zentral-Arbeitsinspektorates zu diesem Thema im Beitrag "Erläuterungsbedarf zum BVwG-Erkenntnis zur Beschäftigung von Arbeitsmediziner/innen".

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