Gesunde Arbeit

"Wäre es nicht nett, Ihre Reinigungskraft kennenzulernen?"

Mehr Respekt und Anerkennung nicht nur am heutigen Tag der Reinigungskräfte!

"Kennen Sie Ihre Reinigungskraft? Jene Frau oder jenen Mann, die oder der Ihr Büro, Ihr Spitalszimmer, Ihren Supermarkt oder Ihre Werkstatt reinigt? Die meisten werden diese Fragen mit Nein beantworten", so Ursula Woditschka, Sekretärin des vida-Fachbereichs Gebäudemanagement. Sie fordert anlässlich des heutigen Internationalen Tags der Reinigungskraft mehr Respekt gegenüber Reinigungskräften und bessere Arbeitsbedingungen.

Schluss mit unsichtbarer Arbeit
Eines der obersten Ziele ist, dass die Beschäftigten nicht mehr überwiegend an den Tagesrandzeiten arbeiten müssen, so Woditschka: "Nach wie vor ist es üblich, dass die Arbeit um sechs Uhr morgens beginnt und bis kurz nach neun am Vormittag dauert. Weiter geht es am Abend von 17 Uhr 30 bis 21 Uhr. Damit muss Schluss sein." Die geteilten Dienste stellen viele Reinigungskräfte vor große Probleme, etwa bei der Betreuung von Kindern.

Tagesarbeitszeit forcieren
Die Vorteile von Tagesarbeitszeit liegen für die Gewerkschafterin auf der Hand: "Die Arbeit der ReinigerInnen ist nicht mehr unsichtbar, sie sind Teil eines Teams. Für ihre Tätigkeiten bekommen sie unmittelbare Anerkennung und sind daher motivierter. Zudem könnten viele endlich ein normales Familienleben führen, sprich sie hätten endlich mehr Zeit für ihre PartnerInnen und Kinder." Nicht nur Tagesarbeitszeiten würden die Arbeitsbedingungen der rund 40.0000 ArbeitnehmerInnen in der Denkmal-, Fassaden- und Gebäudereinigung verbessern: "Sie müssen von ihrer Arbeit auch leben können. Wir fordern einen Mindestlohn von 1.500 Euro! Derzeit bekommen Reinigungskräfte 8,36 Euro brutto pro Stunde und die meisten arbeiten nur Teilzeit", so Woditschka.

Wertvoll, aber wenig geschätzt
"Es fällt kaum jemandem auf, wenn Reinigungskräfte da sind. Aber wenn sie einmal nicht da sind, das merkt jeder sofort", ist die vida-Gewerkschafterin überzeugt. "Ich möchte den Beschäftigten auf diesem Weg den Dank der Gewerkschaft aussprechen. Sie liefern wertvolle, aber viel zu wenig geschätzte Arbeit. Wenn nicht gereinigt wird, sitzen wir alle im Dreck, egal ob im Wohnhaus oder im Büro. Die Gewerkschaft vida setzt sich weiter dafür ein, dass die Beschäftigen bestmögliche Arbeitsbedingungen, Ausbildung und Bezahlung bekommen", schließt Woditschka.

Weiterführende Infos zu diesem Thema:

Studie zu den Arbeitsbedingungen in der Reinigungsbranche
Eine Studie des Ifes-Instituts beleuchtete im Jahr 2013 die Arbeitsbedingungen und Lebenssituation der Beschäftigten in der Reinigungsbranche. (Quelle: vida.at)

Rund 40.000 Menschen in Österreich sind in der Reinigungsbranche beschäftigt. Der überwiegende Teil, rund 85 Prozent, arbeitet in der sogenannten Unterhaltsreinigung, ist also mit sämtlichen Reinigungsarbeiten im Inneren von Gebäuden betraut. Egal ob in Büros, Bankfilialen oder Kaufhäusern, die Beschäftigten haben eines gemeinsam: Man nimmt sie kaum wahr und man weiß nicht viel über sie. Denn meist wird vor und nach Büroschluss gearbeitet, wenn man den Putztrupp nicht sieht.

Geht es nach der Gewerkschaft vida, soll sich das ändern. Um mehr Einblick zu gewinnen, hat das IFES-Institut in Zusammenarbeit mit Arbeiterkammer und vida eine Studie erstellt, die Arbeitsbedingungen und Lebenssituation der Beschäftigten genau erfasst.

Einige Kernergebnisse:

  • 7 von 10 Befragten wünschen sich Tagesarbeitszeit zwischen 8 und 18 Uhr.
  • Bei fast der Hälfte überwiegt Arbeit vor neun Uhr früh.
  • Mehr als ein Drittel hat geteilte Dienste an den Tagesrändern.
  • Fast drei Viertel der Befragten haben Kinder im betreuungspflichtigen Alter.
  • Nur ein Viertel gibt an, keine Probleme mit der Betreuung zu haben, z.B. mit Öffnungszeiten von Betreuungseinrichtungen.

Ein klassisches Beispiel für die Branche ist Mina Dunic. Sie flüchtete vor 19 Jahren während des Kriegs in Bosnien nach Österreich und war zunächst mit ihrem Mann und den damals zwei und sechs Jahre alten Töchtern in Baden untergebracht. Über einen Job bei einer Reinigungsfirma in Wien-Donaustadt war sie heilfroh, aber die Probleme waren damals dieselben, unter denen viele Beschäftigte in der Branche auch heute leiden: geteilte Dienste, dadurch zweimal Anfahrt, Arbeitszeiten am Tagesrand, keine Kinderbetreuung. "Ich habe oft eine Nachbarin fragen müssen, ob sie auf die Kinder schauen kann, wenn ich um halb sechs Uhr abends zum zweiten Mal zur Arbeit gegangen bin, keine Betreuungseinrichtung hätte da offen gehabt“, so die 45-Jährige.

Zu den Problemen mit der Vereinbarkeit von Beruf und Familie kommen oft Probleme am Arbeitsplatz, das war auch bei Mina Dunic so: "Die Umstände waren eigentlich unzumutbar. Wir hatten keine Garderobe zum Umziehen sondern einen Raum irgendwo im Keller, Zulagen wurden nicht richtig oder gar nicht ausbezahlt, niemand von uns hat sich ausgekannt. Nach neuneinhalb Jahren wurde ich schließlich während eines Krankenstandes wegen eines Bandscheibenvorfalls gekündigt. Nach zehn Jahren wäre mir eine deutlich höhere Abfertigung zugestanden.“ Damals hat sich Dunic zum ersten Mal an die Gewerkschaft gewandt. Arbeitsrechtliche und gesundheitliche Probleme, wie sie sie damals erlebt hat, belegt die Studie auch heute zur Genüge:

  • Mehr als die Hälfte der Befragten fühlt sich durch anstrengende körperliche Tätigkeit stark oder sehr stark belastet.
  • Ein Drittel denkt, dass sie den Beruf aus gesundheitlichen Gründen nicht bis zur Pension ausüben können werden.
  • Fast die Hälfte gibt an, mit ihrem Einkommen nicht auszukommen, was vor allem an der hohen Teilzeitbeschäftigung liegt.
  • Fast zwei Drittel sind mit den Aufstiegs- und Entwicklungsmöglichkeiten im Betrieb unzufrieden.
  • Die Hälfte schätzt ihre Chancen am Arbeitsmarkt generell als gering ein.

Für Mina Dunic hat sich alles zum Guten gewendet. Sie ist heute beim ÖGB beschäftigt, hat keine geteilten Dienstzeiten mehr und wird korrekt bezahlt: „Es ist mit meinen ersten Stellen nicht zu vergleichen. Hier kommt der Chef her und gibt dir die Hand.“ Wertschätzung - das ist auch ein Punkt, den die Gewerkschaft vida für die Beschäftigten stetig zu verbessern versucht, sagt Ursula Woditschka von der Bundesfachgruppe Reinigung und Wartung: „Eine ganz dringende Forderung ist Tagesarbeitszeit. Damit lösen sich auch viele andere Probleme, wie Kinderbetreuung oder Wahrnehmung und Anerkennung durch andere auf.“

Forderungen der Gewerkschaft vida
1) Tagesarbeitszeit von 8.00 bis 18.00 Uhr
Öffentliche AuftraggeberInnen sollen als Vorbilder dienen, indem auf Tagesarbeitszeit umgestellt bzw. Reinigung nur zu Tagesarbeitszeit ausgeschrieben wird. Das wirkt einerseits Problemen durch nicht vorhandene Kinderbetreuung oder doppelte Anfahrtswege etc. entgegen, andererseits auch der mangelnden Anerkennung und Wertschätzung, weil die Arbeit sichtbar und wahrnehmbar gemacht wird.

2) mehr Aus- und Weiterbildung
Beschäftigte sollen vor Antritt einer neuen Stelle ausreichend über Schutzbestimmungen und Gesundheitsvorsorge informiert werden. Information zu ergonomischem  Arbeiten etc. soll über betriebsinterne Schulungen angeboten werden. Ungelernte Arbeitskräfte sollen gefördert werden, die Lehrabschlussprüfung nachzuholen, verbunden mit Angeboten zur Verbesserung der Sprachkenntnisse. ArbeitgeberInnen sollen das Weiterbildungsangebot verstärken, firmeninterne Karrieremöglichkeiten anbieten und Aufstieg fördern – z.B. für frei werdende Führungspositionen vorhandenes Personal qualifizieren und intern nachbesetzen.

3) Arbeit gerechter verteilen
Den hohen körperlichen Belastungen in der Branche muss mit einer Verkürzung der wöchentlichen Arbeitszeit entgegengewirkt werden.  Statt regelmäßige Über- und Mehrstunden von Beschäftigten zu verlangen sollen Teilzeitkräfte voll beschäftigt werden. Das würde all jenen MitarbeiterInnen zu Gute kommen, die unfreiwillig teilzeitbeschäftigt und dadurch NiedrigverdienerInnen sind.

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