Die Folgen der Nichtmeldung einer Berufskrankheit
In der Ausgabe 2/2018 des Magazins Gesunde Arbeit haben wir den Weg von ersten Krankheitssymptomen bis zur Anerkennung einer Berufskrankheit dargestellt. Wir haben darauf hingewiesen, dass jeder Arzt verpflichtet ist, schon den bloßen Verdacht, dass eine Berufskrankheit vorliegen könnte, bei der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt (AUVA) zu melden. Welche Folgen es sowohl für den Arzt als auch den/die ArbeitnehmerIn haben kann, wenn diese Meldung bei der AUVA unterbleibt, zeigt ein Fall, der vom Obersten Gerichtshof (OGH) entschieden wurde.
Ein Steinmetz wurde im Jahr 1996 wegen eines Lungenkarzinoms operiert. Er hat gegenüber den behandelnden Ärzten im Spital angegeben, als Steinmetz gearbeitet zu haben. Das Krankenhaus hat die Meldung der Erkrankung an die AUVA unterlassen. Erst circa drei Jahre später stellte der Steinmetz einen Antrag auf Gewährung einer Versehrtenrente, die ihm ab Antragstellung gewährt wurde.
Für die Zeit davor – also ab der Operation 1996 und dem nunmehr gestellten Antrag, immerhin beinahe drei Jahre – wurde zu Recht keine Versehrtenrente gewährt. Leistungen aus der Unfallversicherung fallen, wenn innerhalb von zwei Jahren nach Eintritt des Arbeitsunfalles oder der Berufskrankheit der Anspruch weder von Amts wegen festgestellt noch ein Antrag auf Feststellung des Anspruches gestellt wurde, erst mit dem Tag der späteren Antragstellung an.
Der Steinmetz klagte seinen Anspruch (rund 42.000 Euro), den er bei rechtzeitiger Meldung der Berufskrankheit gegenüber der AUVA gehabt hätte, nunmehr gegenüber dem Spital ein und bekam recht.
Das Krankenhaus brachte vor, dass die strikte Einhaltung der gesetzlich normierten Pflicht der Meldung einer möglichen Berufskrankheit eine überaus zeitaufwendige Befragung des Patienten über seine gesamte bisherige Berufslaufbahn unter Angabe sämtlicher ArbeitgeberInnen bedeuten würde. Darüber hinaus hätte der Patient selbst Anzeige bei der AUVA erstatten können und er habe sich mit dieser Unterlassung auffallend sorglos verhalten.
Der OGH hielt diesen Argumenten entgegen, dass die Anzeigepflicht des Arztes deshalb zwingend im Gesetz vorgesehen ist, weil sonst zu befürchten ist, dass sich der Arbeitnehmer selbst nicht (immer) ausreichend und sorgfältig schützen kann (Angst um den Arbeitsplatz oder der Versuch des Arbeitgebers zur Verhinderung der Meldung). Ein sorgloses Verhalten konnte dem Steinmetz auch nicht zur Last gelegt werden, hat er doch den behandelnden Ärzten ausdrücklich seine 25-jährige einschlägige Tätigkeit mitgeteilt.
Entscheidungstext des Obersten Gerichtshofes (RIS):