Gesunde Arbeit

Menschen mit Behinderung: Einstellungssache?

Betriebe mit mindestens 25 Arbeitnehmer:innen müssen Menschen mit Behinderung einstellen. Durch die Zahlung einer Ausgleichstaxe können sich Unternehmen davon jedoch „freikaufen“. Der Österreichische Gewerkschaftsbund (ÖGB) fordert, auch kleinere Betriebe zu erfassen und das „Freikaufen“ zu verteuern.
Der ÖGB fordert, die Ausgleichstaxe auf ein Monatsentgelt pro Person, die zu beschäftigen wäre, anzuheben.
Waage Der ÖGB fordert, die Ausgleichstaxe auf ein Monatsentgelt pro Person, die zu beschäftigen wäre, anzuheben.
Menschen mit Behinderung haben beim Zugang zum Arbeitsmarkt mit Schwierigkeiten zu kämpfen: Sie werden durch Vorurteile, Diskriminierung, Arbeitsplätze, die nicht barrierefrei sind, und strukturelle Probleme am Arbeitsmarkt behindert. Das Behinderteneinstellungsgesetz (BEinstG) soll dem entgegenwirken. Für Arbeitgeber:innen, die 25 oder mehr Arbeitnehmer:innen beschäftigen, gilt: Sie müssen je 25 Arbeitnehmer:innen mindestens einen begünstigten behinderten Menschen einstellen. Das Behinderteneinstellungsgesetz versteht darunter Menschen mit einem Grad der Behinderung von mindestens 50 Prozent. Dies wird mit Bescheid des Sozialministeriumservice festgestellt. Erfüllt das Unternehmen die Beschäftigungspflicht nicht, wird eine Ausgleichstaxe fällig. Diese beträgt im Jahr 2023 für jede einzelne Person, die zu beschäftigen wäre,
  • bei 25 bis 99 Arbeitnehmer:innen € 292 monatlich,
  • bei 100 bis 399 Arbeitnehmer:innen € 411 monatlich und
  • bei 400 oder mehr Arbeitnehmer:innen € 435 monatlich.
Umverteilung 
Die eingenommenen Gelder fließen in den Ausgleichstaxfonds, der vom Sozialministerium verwaltet wird. Die Gelder sind zweckgebunden und kommen Menschen mit Behinderung zugute: Sie werden für deren berufliche Förderung oder für die Schaffung und den Ausbau integrativer Betriebe verwendet. Arbeitgeber:innen, die Lehrlinge mit Behinderung beschäftigen, erhalten dafür eine Prämie. Die Ausgleichstaxen sind also ein Instrument der Umverteilung: von jenen Betrieben, die nicht aktiv zur Teilhabe von Menschen mit Behinderung beitragen, hin zu Betrieben und Projekten, die Zugang zu Arbeit bieten, sowie zu den Betroffenen selbst.
 
Nachschärfen
Dem ÖGB geht das Ausgleichstaxen-Modell nicht weit genug: Er kritisiert, dass die relativ niedrigen Ausgleichstaxen die Betriebe betriebswirtschaftlich nicht wirklich schmerzen. Stattdessen soll die Taxe auf ein Monatsentgelt pro Person, die zu beschäftigen wäre, angehoben werden. Die Taxe könnte etwa mit einem durchschnittlichen Bruttogehalt oder dem kollektivvertraglichen Mindestlohn festgelegt werden.
Da die Einstellungspflicht erst bei Unternehmen ab 25 Arbeitnehmer:innen greift, sind nur 27 Prozent aller Unternehmen erfasst. Der ÖGB will diesen Kreis ausweiten. Die Einstellungspflicht soll schon ab 20 Arbeitnehmer:innen gelten. Dadurch würden vor allem mehr Unternehmen aus dem Dienstleistungssektor einbezogen werden. Das erscheint deshalb angebracht, weil sich die Wirtschaftsstruktur immer mehr von Produktionsbetrieben zu Dienstleistungsunternehmen verschiebt.
Der ÖGB setzt darauf, dass diese Maßnahmen die Barrieren am Arbeitsmarkt weiter reduzieren. 
 
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