Digitalisierung mit Spielregeln
Die EATON Industries (Austria) GmbH mit Standorten in Wien und Schrems/Niederösterreich gehört mit rund 1.050 Arbeitnehmer:innen zu den führenden Anbietern von Energiemanagement-Lösungen und ist Teil des international agierenden, börsennotierten EATON-Konzerns. Im Werk Schrems werden u. a. Schlüsselkomponenten für Schutzschalter und Verteilerkästen gefertigt. Beim Rundgang in Schrems springen sofort die zahlreichen Industrieroboter ins Auge, mit denen die Arbeitnehmer:innen „Hand in Hand“ zusammenarbeiten. Fahrerlose Transportsysteme befördern einzelne Komponenten von Maschine zu Maschine. Der hohe Grad an Automatisierung und Robotisierung ist auf den ersten Blick erkennbar.
Betriebsvereinbarungen regeln die Digitalisierung „Die Coronazeit hat die Digitalisierung stark beschleunigt“, so Werner Müller. Er ist Vorsitzender des Arbeiterbetriebsrats in Schrems, Vorsitzender des Zentralbetriebsrats der EATON Industries (Austria) GmbH und als solcher im Aufsichtsrat des Unternehmens tätig. Weiters vertritt er die Interessen der österreichischen Arbeitnehmer:innen im Europabetriebsrat von EATON. Wichtig ist ihm: „Wir sind schon für Digitalisierung, aber immer mit gewissen Spielregeln. Wir wollen die Digitalisierung mitgestalten.“ Betriebsvereinbarungen spielen dabei eine zentrale Rolle, denn in diesen „werden die Spielregeln niedergeschrieben, das wird immer wichtiger, denn die Manager ändern sich ja“.
Betriebsvereinbarungen gibt es bei EATON u. a. zu folgenden Punkten:
- Digitales Zutrittssystem
- Biometrisches Zutrittssystem in der Galvanik
- Software zu Sicherheitsschulungen
- Software zu E-Mail- und Telefonauswertung im Vertrieb
- Remote Audit/Begehung mit Kamerasystem in der Produktion
- Smartwatches in der Produktion
- Mitarbeiter:innenbefragungen
- Homeoffice
Der Weg zur Betriebsvereinbarung „Derzeit wird gerade über eine Betriebsvereinbarung zu Microsoft 365 verhandelt“, erzählt Angestelltenbetriebsrat Günter Doleschal. Der Prozess zum Abschluss von Betriebsvereinbarungen ist innerhalb des Unternehmens inzwischen etabliert: Die Personalabteilung informiert den Betriebsrat über geplante Veränderungen oder Neuerungen. Der Betriebsrat holt im Anschluss alle Beteiligten (z. B. die Sicherheitsvertrauenspersonen, die Sicherheitsfachkraft und die IT-Abteilung) an einen Tisch, um die Gefahren und Vor- und Nachteile der geplanten Änderungen zu diskutieren. Gewerkschaften und Expert:innen unterstützen den Betriebsrat beim Entwurf der Betriebsvereinbarung, die mit der Personalabteilung verhandelt und bei Einigung von Geschäftsführung und Betriebsrat unterschrieben wird. „In der Betriebsvereinbarung wird das Produkt beschrieben und es werden die Rahmenbedingungen für dessen Einsatz festgelegt. Wichtig ist uns, dass es zu keiner Überwachung kommt und die Daten nicht zur Leistungsbeurteilung der Kolleginnen und Kollegen herangezogen werden“, so Doleschal.
Einbindung und Schulung der Beschäftigten Die Einbindung der Kolleginnen und Kollegen ist Müller ein besonderes Anliegen: „Man muss die Arbeitnehmer:innen immer von Anfang an mit abholen und alle mit einbinden, ihre Probleme aufnehmen. Die Gespräche und das Feedback sind das Wichtigste im Vorfeld.“ Dabei tauchen unterschiedliche Fragen auf, z. B.: Welche Daten werden gespeichert? Wer hat Zugriff auf diese Daten? Werden die Daten zur Leistungsbeurteilung verwendet? Werden Arbeitnehmer:innen z. B. mit Kameras bei der Arbeit aufgenommen oder in irgendeiner Form überwacht? Wie sieht es mit dem Datenschutz aus? Diese Fragen und Ängste gilt es zu beantworten und im Rahmen einer Betriebsvereinbarung zu regeln. Werde eine Neuerung dann eingeführt, z. B. eine neue Software, sei es besonders wichtig, die Beschäftigten über die Änderungen zu informieren und Schulungen durchzuführen, so Müller.
Sicherheit und Gesundheit im Betrieb Christina Lintermann ist Sicherheitsfachkraft und Leiterin des Bereichs EHS (Environment, Health and Safety) bei EATON und als solche für alle sicherheitsrelevanten Themen und die Einhaltung der gesetzlichen Anforderungen zuständig. So arbeitet der Konzern u. a. mit einem speziellen Programm für sicheres Arbeiten und verfügt über eine Zertifizierung für Sicherheitsmanagementsysteme (ISO 45001). Im Rahmen der Arbeitsplatzevaluierung werden die Risiken der verschiedenen Arbeitsprozesse beurteilt. „Daraus resultieren dann Maßnahmen, wie z. B. technische Änderungen, Arbeits- und Betriebsanweisungen oder Trainings zu bestimmten Schwerpunktthemen. Dabei kommt immer das STOP-Prinzip zur Anwendung“, erläutert Lintermann.
Wurden Maschinen früher teilweise händisch mit schwerem Material befüllt (= hohes ergonomisches Risiko), so erledigt dies inzwischen ein fahrerloses Transportsystem. Die Arbeitserleichterung und die Substitution des Risikos gingen dabei einher mit der Automatisierung eines Arbeitsprozesses. Stapler verfügen bei EATON über ein Sicherheitsassistenzsystem: Eine 360-Grad-Kamera am Stapler erkennt Fußgänger:innen, zeigt diese den Fahrer:innen auf einem Bildschirm an und gibt ein akustisches Signal ab. Zudem verfügt EATON in Schrems auch über ein eigenes Safety Center, in dem die Arbeitnehmer:innen zu Sicherheitsaspekten geschult und unterwiesen werden.
Die Digitalisierung werde das Unternehmen auch die nächsten Jahre stark begleiten, „da auch die Automatisierung weiter zunehmen wird“, so Lintermann abschließend.