Ergonomie – ein Fremdwort am Arbeitsplatz?
Ein elektrisch höhenverstellbarer Tisch, zwei Monitore, eine regulierbare Beleuchtung und ein kabelloses Headset: Das erlaubt die individuelle Anpassung des Arbeitsplatzes in einem zeitgemäßen Büro. Ein paar Schritte weiter in der Produktion sieht das schon ganz anders aus. Hier ist Fachwissen zum Thema Ergonomie dringend gefragt. Ein individueller Handlungsspielraum ist aufgrund fehlender Einstellmöglichkeiten von Arbeitsplätzen oder Arbeitsmitteln kaum vorhanden.
Mehr Ergonomie, bitte! Seit Jahrzehnten bieten Ergonom:innen ihre Dienste im Bereich der Arbeitsplatzgestaltung an. Von der Feststellung und Bewertung bis hin zur konkreten (Um-)Gestaltung des Arbeitsplatzes wird alles angeboten. Die Diversität in den Reihen der Beschäftigten und die sich verändernde Arbeitswelt müssten eigentlich einen hohen Bedarf an solchen Beratungsleistungen erfordern. Besuche von Werkstätten und Produktionshallen machen aber augenscheinlich, dass außerhalb von Büros der Begriff Ergonomie großteils einem Fremdwort gleicht. Weiterhin müssen sich die Arbeitnehmer:innen an die vorgegebenen Standard-Arbeitsplätze anpassen – egal welche persönlichen Voraussetzungen mitgebracht werden.
Arbeitsplätze anpassen Zwangshaltungen sollten vermieden werden, um Berufskrankheiten und vor allem arbeitsbedingte Erkrankungen zu verhindern. Ansatzpunkte dafür gibt es viele. So können etwa Handlungs- und Bewegungsabläufe und der dafür notwendige Platzbedarf nach ergonomischen Kriterien gestaltet werden. Der Einsatz und die Verwendung von Arbeitsmitteln sowie deren konkrete Gestaltung, etwa mittels Farbkonzept, bieten weitere Möglichkeiten, um Arbeitsplätze und Abläufe zu verbessern oder Gefahrensituationen sichtbarer zu machen. Weiters müssen alle Umgebungseinflüsse (Lärm, Beleuchtung, Klima usw.) entsprechend bewertet werden. Es zeigen sich dabei auch Verbesserungspotenziale, wie etwa eine verbesserte Sehleistung, die anhand einer höherwertigen Beleuchtung zustande kommt.
Ergonom:innen einsetzen Arbeitgeber:innen können im Zuge der im ArbeitnehmerInnenschutzgesetz vorgesehenen Präventionszeit bis zu 25 Prozent „sonstige Fachleute“ einsetzen. Zur Gruppe der sonstigen Fachleute zählen aufgrund ihres Fachwissens auch Ergonom:innen. Leider wird die Chance, diese zusätzliche Profession in den Betrieben einzusetzen, großteils nicht genutzt. Das Verbesserungspotenzial, welches durch ergonomische Unterstützung im Bereich der Arbeitsplatzgestaltung vorhanden wäre, wird somit meist liegen gelassen. Am Ende tragen Arbeitnehmer:innen nicht nur arbeitsbedingte Erkrankungen davon, sondern teilweise auch die Behandlungskosten.